Amerikanische Verhältnisse

In dem Buch unter dem Titel “Schöner Denken – Wie man politisch unkorrekt ist”, bezeichnet der deutsche Journalist und Publizist, Dirk Maxeiner die amerikanischen Verhältnisse als einen Vorhof zu Hölle ohne Flächentarifvertrag. Während für die einen die USA ein Paradies für legale Waffenbesitzer sind, wird in den deutschen Mainstream-Medien gerade vor diesen Verhältnissen in aller Schärfe gewarnt.
Um etwas Licht in die Sache zu bringen, habe ich das FBI Uniform Crime Reporting (UCR) zurate gezogen [1]. Diese Kriminalitätsstatistik sucht bezüglich der Zahlenaufbereitung wirklich ihresgleichen.

Zuerst eine gute Nachricht: die Gewaltkriminalität in den USA sinkt kontinuierlich! Hat man noch in 1992 bei einer Population von 255 Millionen Einwohnern landesweit 1.932.274 Gewaltdelikte registriert, waren es in 2011 bei einer gewachsenen Population von 311 Millionen Einwohnern “nur” noch 1.203.564 Gewaltdelikte. Darunter gab es in 1992 insgesamt 23.760 Mord- und Totschlagdelikte. Im Jahr 2011 gab es hingegen 14.612 Mord- und Totschlagdelikte. Das entspricht einer Senkung der Rate pro 100.000 Einwohner von 9,3 auf 4,7. Dabei ist zu bedenken, dass die Gewaltkriminalität in diesem Zeitraum sank, und das unabhängig davon ob die Republikaner oder die Demokraten an der Macht waren. Zwischen 1992 und 2011 gab es vier US-Präsidenten, George H. W. Bush (R), Bill Clinton (D), George W. Bush (R) und Barack Obama (D). Die Clinton Administration war bemüht die Waffengesetze zu verschärfen und die Bush Administration lockerte diese wieder. Obama versucht die Waffengesetze erneut zu verschärfen. Auf den allgemeinen Trend in der Kriminalität haben diese politischen Aktionen wohl überhaupt keine Wirkung.

Verglichen mit Deutschland ist die durchschnittliche Mordrate in den USA immer noch über vier Mal so hoch. In 2011 wurden in Deutschland 889 Morde gezählt, was einer Rate von 1,1 pro 100.000 Einwohner entspricht [2]. Einfache Vergleiche solcher Zahlen werden in den Medien zwar häufig verwendet, um z.B. die Überlegenheit und Wirksamkeit des deutschen Waffengesetzes zu belegen. Nichtsdestotrotz machen solche Vergleiche nur bedingt Sinn. Ein genauerer Blick in die FBI-Statistik verrät, dass die Mordrate in den USA nicht gleichmäßig über das Land verteilt ist.

Wo befinden sich die Zentren der Kriminalität?

Ein Aufriss der Mord- und Totschlagdelikte nach der Bevölkerungsdichte gibt darüber Auskunft. In den Metropolen mit 500.000 bis 999.000 Einwohnern beträgt die Mordrate den Spitzenwert 11 pro 100.000 Einwohner, während sie in kleinen Gemeinden mit unter 10 Tausend Einwohnern bei 2,9 liegt. Auch der Vergleich zwischen den Metropolen zeigt, dass strenge Waffengesetze nicht zu einer geringeren Mordrate führen. Chicago mit 2,7 Millionen Einwohnern gehört zu den Städten mit den schärfsten Waffengesetzen in den USA und 2011 gab es dort 431 Morde. Damit platziert sich diese Stadt in absoluten Zahlen auf den zweiten Rang direkt nach New York mit 515 Morden, allerdings bei einer Einwohnerzahl von 8,2 Millionen.

Houston hingegen genießt das liberale texanische Waffengesetz und es gab im gleichen Jahr bei 2,1 Millionen Einwohnern 198 Morde. Interessanterweise gab es in Kennesaw im Staat Georgia in 2011 keinen einzigen Mord, obwohl in dieser Stadt der Waffenbesitz pro Haushalt gesetzlich vorgeschrieben ist!

Wer sind die Opfer und die Täter?

Rund 80% aller Mordopfer sind Männer. Männer sind auch nachweislich zu 65% die Täter, auf Frauen entfallen lediglich 8% und bei 27% ist das Geschlecht des Täters unbekannt. Die FBI-Statistik spart auch nicht mit pikanten Details und weist auch die Entwicklung der Opfer und Täter nach Altersintervallen und Ethnizität. Die Spitze bei Opfer und Täter bildet das Altersintervall von 20 bis 24 Jahren, wobei es bei Afroamerikanern um ganze 50% höher ausfällt als bei Weißen. Nach dem 30ten Lebensjahr sinkt allerdings die Wahrscheinlichkeit ein Mordopfer oder Täter zu werden drastisch. Daraus lässt sich ableiten, dass die Zentren der Kriminalität wohl die großen Metropolen mit ihren sozialen Brennpunkten sind. Das deutet weniger auf ein Waffenproblem in den USA, sondern vielmehr auf ein soziales Problem junger Männer in Problembezirken.

Welche Waffen spielen dabei eine Rolle?

Die Mord- und Totschlagdelikte werden zu 68% mit Feuerwaffen verübt, darunter zu 49% mit Kurzwaffen, zu 3% mit Gewehren und ebenfalls zu 3% mit Flinten. Gegenwärtig läuft eine Kampagne von Präsident Obama, die zum Ziel hat die sog. “Assault Rifles” á la AR-15 zu verbieten, obwohl ausgerechnet diese Waffen nur eine Unterkategorie aller Gewehre bilden, die in der Kriminalitätsstatistik insgesamt eine sehr geringe Rolle spielen. Warum fordert Obama nicht einfach ein Verbot der Kurzwaffen? Das ist wohl deswegen so, weil die Verbreitung der Kurzwaffen in den USA noch bedeutend höher ist, als der sog. “Assault Rifles” und die Anti-Gun-Fraktion versucht den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen und zu verbieten, was sie meint verbieten zu können. Der Congress stimmte letztens jedoch keinem Verbot der halbautomatischen Gewehre zu. Wahrscheinlich haben einige Abgeordnete doch die Statistik gelesen.

Zum Schluss bleibt noch zu erwähnen, dass in dieser FBI – Statistik auch Fälle der Notwehr von Privatpersonen aufgeführt werden. Im Jahr 2011 gab es 260 Fälle, bei denen der Täter während der Tatausübung vom Opfer getötet wurde. In 153 Fällen wehrten sich die Opfer ebenfalls mit einer Kurzwaffe und erschossen den Täter. Eine weitgehend höhere Zahl an Notwehrfällen wird im National Crime Victimization Survey des U.S. Department of Justice berichtet [3]. Dabei geht man von jährlich 110.000 Fällen einer Notwehr mit Beteiligung von Schusswaffen, bei denen allerdings meistens kein Schuss abgegeben wird, sondern die Waffe dem Täter nur gezeigt wird. Andere Umfragen wie z.B. Los Angeles Times, Galup und Peter Hart Research Associates implizieren zwischen 760.000 bis 3.6 Millionen Notwehrfällen mit Beteiligung von Schusswaffen jährlich, bei denen jedoch niemand verletzt wird.

Sind die “amerikanischen Verhältnisse” gut oder schlecht?

Meiner Meinung nach kommt es darauf an, ob es dabei so wie in Kennesaw, oder wie in Chicago zugeht.

Quellen:
[1] http://www.fbi.gov/about-us/cjis/ucr/crime-in-the-u.s/2011/crime-in-the-u.s.-2011/index-page
[2] http://de.statista.com/statistik/daten/studie/2229/umfrage/mordopfer-in-deutschland-entwicklung-seit-1987/
[3] John R. Lott, More Guns Less Crime, Seite 11

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