Der Ball und die Gerechtigkeit

Ein Beitrag unseres Mitglieds Olpe.

Mein Sohn spielt für sein Leben gern Fußball. Jede freie Minute verbringt er mit seinen Freunden auf dem Fußballplatz. Er spielt bereits recht gut und ich glaube, er hat das Zeug dazu, ein professioneller Fußballspieler zu werden. Vor ein paar Monaten hat er sich einen Lederball gekauft, das neueste Modell und er musste lange sparen, um ihn sich leisten zu können.

Eines Tages habe ich sein Zimmer betreten und ihn gebeten, mir seinen Fußball zu geben. Er hat mich nach dem Grund gefragt und wurde misstrauisch. Ich habe ihm gesagt, dass der Ball zu gefährlich sei. Mein Sohn schmunzelte und fragte, wie ich darauf käme, dass der Ball gefährlich sei, schließlich könne der Ball sich nicht von alleine bewegen und würde doch die meiste Zeit nur im Schrank liegen.

Ich antwortete darauf, dass das keine Rolle spiele. Erst letzte Woche habe sein Cousin mit seinem Ball (ähnliches Modell) mutwillig die Wohnzimmervitrine seiner Eltern zerschossen.

Mein Sohn sah mich entgeistert an und fragte mich, weshalb er nun dafür bestraft werde, dass sein Cousin schlecht erzogen sei. Ich entgegnete ihm, dass ich mir nie vollkommen sicher sein könne, dass er das nicht auch irgendwann einmal so machen werde. Zudem könne es ja gut sein, dass mal ein befreundetes Kind zu Besuch komme und den Ball an sich nimmt, um unsere Wohnung zu verwüsten. Mein Sohn wurde immer ungläubiger.

Er hielt entgegen, dass der Ball doch im Schrank verschlossen sei und niemand außer ihm an ihn rankomme. Außerdem spiele er doch schon seit mehreren Jahren in einem Fußballverein und habe noch nie mit einem Ball Gegenstände kaputt gemacht.

Daraufhin habe ich ihm erklärt, dass er sich doch einen neuen Ball aus Schaumstoff kaufen könne. Diesen würden wir dann im Gebäude seines Fußballvereins lagern, um sicher zu gehen, dass auch nichts passiert.

Mein Sohn wusste nicht, wie ihm geschieht. Er fragte mich, was passiert, wenn der Ball dort gestohlen oder von anderen Kindern schlecht behandelt werden würde. Außerdem fragte er, was mit dem Geld sei, dass er doch so lange gespart habe und für seinen Ball bezahlt habe.

Ich antwortete ihm, dass er ja sein Taschengeld hätte gleich für etwas anderes, zum Beispiel ein Schachbrett, hätte ausgeben können und dass sein Ball im Verein sicher sei, auch wenn ich das nicht garantieren könne. Daraufhin versuchte mein Sohn ein letztes Mal, seinen Ball zu retten.

Er fragte, wieso er seinen Ball abgeben müsse, obwohl im Fernsehen doch jedes Wochenende mit einem solchen gespielt werden würde. Außerdem gäbe es auch Fußballvideospiele und Filme über Fußball. Und er könne auch nicht verstehen, wieso ich jetzt, nachdem sein schlecht erzogener Cousin etwas kaputt gemacht hat, ihm seinen Ball wegnehmen wolle, obwohl seine Mutter ihm das Fußballspielen und auch die Aufbewahrung in seinem Zimmer nie verboten habe.

Ich schaute ihm tief in die Augen und sagte, dass seine Mutter auf Arbeit sei und ich jetzt das Sagen habe. Außerdem gehe es nicht nur um seinen Cousin sondern darum, die Familie vor weiteren Zerstörungen durch Fußbälle zu schützen.

Mein Sohn fragte mich nur noch, ob ich dann alle Gegenstände aus der Wohnung wegschaffen möchte, da er ja mit jedem festen Gegenstand etwas kaputt machen könne.

Meine Aussage dazu war, er möge nicht frech werden, es gehe jetzt nur um den Ball und nicht um den Rest, der interessiere mich gerade nicht.

Mein Sohn sah mich an und sagte: „Das ist ungerecht!“

In diesem Moment nahm ich ihn in den Arm und erklärte ihm, dass das alles nicht ernst gemeint war und ich nur sehen wollte, ob er verstanden hat, was Gerechtigkeit sei.

Und das hat er.

Die Geschichte ist frei erfunden. Sie soll weder verharmlosen noch verherrlichen sondern lediglich einen Denkanstoß geben.

5 Replies to “Der Ball und die Gerechtigkeit”

  1. Meine Rede, Fußball sollte verboten werden! Im Wohnzimmer sind die Anfänge und später sind die Kids dann Ultras und Prügeln sich mit anderen Ultras und der Polizei. Mal von dem Einbruch im Sportverein abgesehen!
    Gute Geschichte!

  2. Das Beste ist diese Aussage hier :o)
    „Meine Aussage dazu war, er möge nicht frech werden, es gehe jetzt nur um den Ball und nicht um den Rest, der interessiere mich gerade nicht.“

  3. Kann einen schon nachdenklich machen. Aber die Reaktion der Waffengegner wird wie immer sein.
    „Nicht vergleichbar“, „Was hat ein Ball mit euren Mordinstrumenten zu tun“ und garantiert wird auch einer die Amokkeule schwingen.

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