Es geht – wie immer – um’s Geld!

Historie

In den neunziger Jahren begannen Wissenschaftler, NROs, UN-Behörden und Staaten Kleinwaffen und Leichte Waffen (Small ”Arms and Light Weapons, abgekürzt SALW”) als globale Ursache und Multiplikator von Gewalt zu bezeichnen und dagegen vorzugehen. Sofort reagierten die nationalen Waffenverbände und schufen ihr eigenes, internationales Netzwerk, um Behörden und Öffentlichkeit zu unterrichten. Von Anfang an gab es diametrale Ansichten über alle grundlegenden Fragen.

Beide Seiten nutzten Lobbyarbeit bei den staatlichen Behörden, sowohl international bei den UN Konferenzen als auch national. Beide Seiten ließen die UN sofort im Stich, sobald sie ihr eigenes Ziel erreicht hatten bzw. merkten, dass sie es nicht erreichen können. Beide Seiten beeinflussen sich durch Aktion und Reaktion.

Professor Clifford Bob, Professor für Politikwissenschaften der Duquesne Universität in den USA, mahnt daher alle an, die sich mit Kleinwaffen auseinandersetzen, nicht nur die NROs zu analysieren, die eine Problematik im privaten Waffenbesitz erkennen, sondern auch die NROs, die dieses Problem vereinen, sowie den ständigen Zweikampf miteinander.

Waffenkontrollbefürworter

Nach dem Ende des Kalten Krieges gab es zunächst zwei internationale Netzwerke. Das eine sah schwache Waffengesetze als Ursache für Gewalt an und forderte stärke Kontrollen für den Waffenbesitz und -gebrauch durch Zivilisten. Das andere, prominenter besetzte Netzwerk, sah Schusswaffen als Ursache für Gewalt in Krisengebieten an und engagierte sich für die Entwaffnung von Zivilisten. Beide Engagements stießen auf starken Widerstand der Waffenbefürworter. Dieser Widerstand bewirkte, dass sich beide Netzwerke 1998 zusammenschlossen und das „International Action Network on Small Arms (IANSA)“ gründeten.

Kriminalprävention

Bereits 1992 formte sich das internationale Netzwerk der Waffenkontolle bezüglich Kriminalprävention. Auslöser war die Ermordung eines japanischen Austauschsstudents in den USA, namens Yoshihiro Hattori. Dieser hatte in der Halloween-Nacht verkleidet an einer falschen Tür geklingelt und wurde von dem Hausbesitzer erschossen. Der Hausbesitzer wurde nach US-Recht für diese Tat freigesprochen. Gegen dieses Urteil gingen die japanischen Eltern des Studenten gerichtlich vor und gewannen eine 650.000 USD Schadensersatzklage, die sie u.a. in eine Stiftung für die amerikanische Waffenkontrolle einbrachten. Nachdem in kurzer Zeit zwei weiter japanische Ausstauschstudenten in den USA erschossen wurden, engagierten sich Yoshihiros Eltern für eine Petition, die in kurzer Zeit von 1,7 Millionen Menschen aus Japan und den USA mitzeichneten.

Die japanische Regierung, die ein sehr strenges Waffenrecht im eigenen Land hatte, beantragte 1993 Zugang zur ECOSOC (Commission on Crime Prevention and Criminal Justice). Dort initiierte sie ein mehrjähriges Studium, das Lücken in nationalen, regionalen und internationalen Gesetzen bezüglich Privatwaffenbesitz aufspürte. Später setzte sie sich an die Spitze bei den Verhandlungen der Kommission bezüglich Waffenkontrolle.

Auf der anderen Seite beschränkte Japan weder seine eigenen Waffenexporte noch die Waffentrips der japanischen Bürger nach Hawaii.

Abrüstungs-Advokaten

Nach dem Ende des Kalten Krieges gewannen die Konflikte in Angola, Liberia, Kolumbien, Jugoslawien und Ruanda höhere Aufmerksamkeit. Viele der dort von der UN eingesetzten Friedensmissionare starben durch Waffen des Typs AK-47, Uzi und M-16, die legal oder illegal in die Länder gelangt waren. Zudem hatten die Aktivisten, die sich um die Abrüstung konventioneller Waffen kümmerten, im Jahr 1990 alles erreicht. Seit 1977 gab es keine weiteren Abrüstungsverträge.

William Hunter, damaliger Direktor des ”Arms Trade Resource Center” am ”World Policy Institute” sagte in einem Telefoninterview, dass konventionelle Waffentransfers, Kleinwaffen ausgenommen, Geschichte seien. Sein Institut musste sich andere Themen suchen. Auch das UN Department of Disarmament Affairs (DAA) kämpfte, nach Aussagen eines früheren Mitarbeites, um seine Existenz. Sie fanden in der Abrüstung von Kleinwaffen und Leichten Waffen in Krisengebieten, die nun als Hauptproblem erkannt wurden, ein neue Aufgabe.

Waffengegner

1998 schlossen sich beide Netzwerke zusammen und gründeten das ”International Action Network on Small Arms”. Sie vereinbarten folgende Ziele:

  • Verringerung des Zugang zu Waffen für Zivilisten
  • Entmutigung von Waffenbesitz und Waffengebrauch
  • De­le­gi­ti­mie­rung des Waffenbesitzes
  • Eliminierung des Vertrauens und des Gebrauchs von Waffen für die Selbstverteidiung
  • Stig­ma­ti­sie­rung von Staaten und nicht-staatliche Akteuren, die Kleinwaffen gebrauchen

Diese Ziele gingen weit über das Maß der Abrüstungs-Aktivisten hinaus. Diese wollten sich eigentlich nicht mit dem Privatwaffenbesitz in friedlichen Ländern auseinandersetzen, sondern mit Kriegswaffen in Krisengebieten.

Vorsitzende des IANSA wurde Rebecca Peters, die im Vorstand der ”Australia’ National Coalition for Gun Control” die Waffenrechtsverschärfung in Australien durchgesetzt hatte.

Sitz der Gesellschaft ist London und IANSA erhält hohe Spenden von Stiftungen und Regierungen, insbesondere von europäischen. Im Jahr 2008 waren über 800 Organisationen aus mehr als 100 Ländern angeschlossen.

Bereits zu Beginn suchten die Kontrollbefürworter wissenschaftliche Erkenntnisse für ihre politischen Ziele. Sie erstellten Studien über alles, angefangen mit den Mengen von Waffen über die gehandelten Werte beim Waffenhandel bis zur Anzahl von Opfern durch Schusswaffen. Die wichtigsten Studien stammen vom ”Small Arms Survey (SAS)”.

Waffenbefürworter

Das erste kleine internationale Netzwerk entstand bereits 1993 mit der ”International Conference on Firearms Legislation (ICFL)”. Der Australische Sportschützenverband SSAA wandte sich im Jahr zuvor an die National Rifle Association (NRA) in den USA, da die Regierung nach mehreren Massenschießerein das nationale Waffenrecht verschärfen wollte. Die Erfahrungen aus Großbritannien, wo die Regierung innerhalb kürzester Zeit nach dem Hungerford Massaker sämtliche Selbstlade- und viele Pump-Action-Waffen verbot, bewogen die NRA zur Zusammenarbeit.

1997 wurde die ICFL vom World Forum on the Future of Sport Shooting Activities (WFSA) abgelöst. Das WFSA befürchtete, dass die UN neben globalen Kontrollrichtlinien auch nationale Waffenverbote anstrebe, welche ein Ende des Sportschießens in einigen Ländern zur Folge hätte. Eines der wichtigsten Ziele war der Zugang zu den UN Foren, um „korrekte und unvoreingenommene Fakten“ repräsentieren zu können. Clifford Bob kommt ein seinem Buch zu dem Fazit, dass die NRA und andere Waffenlobbyisten die Gründung von IANSA gefördert hatten.

Das von den Japanern dominierte ECOSOC forderte für die NRA viel zu hohe Restriktionen. Als Reaktion bekämpfte die NRA, die Ende der neunziger Jahre unter der Regierung Clintons kaum Unterstützung hatte, jedwede Restriktion, egal ob es um Kriminalprävention oder Abrüstung ging. Die Abrüstungs-Experten, die zuvor versucht hatten, keine Feindschaft zwischen Abrüstung und Waffenlobby herzustellen, wurden ebenso an den Pranger gestellt wie die ”Gungrabber”. Es blieb ihnen, trotz Vorbehalten, kaum eine andere Wahl, als sich mit dem anderen Gegner der Waffenlobbyisten zusammenzuschließen.

Literatur

  • Clifford Bob, The Global Right Wind and the Clash of World Politics, Cambridge Studie in Contentious Politics, CCambridge University Press, 2012, S. 110, 145-146

Dieser Artikel wurde uns von Katja Triebel zur Verfügung gestellt. Dafür vielen Dank!

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2 Replies to “Es geht – wie immer – um’s Geld!”

    1. Der Autor bin ICH – siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:Triebel/Schmierblatt02

      Wegen des Gutmensch-Shitstorms hatte ich es nur noch nie auf Wiki publiziert.
      Seit April 2012 hatte ich das auf dem Plan. Denn da traf Clifford Bobs Buch endlich ein.
      Pflichtlektüre für JEDEN, der Englisch lesen kann und sich für Waffenrecht interessiert.

      Nun habe ich einige Statements auch hier verbraten:
      http://legalwaffenbesitzer.wordpress.com/2013/03/03/waffen-vom-freizeitgerat-zum-geachteten-verbotsgut/

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