Stephen P. Halbrook: Gun Control in the Third Reich

Was lange währt, wird endlich gut. Ich hatte „Gun Control in the Third Reich“ bereits im September zu lesen begonnen, musste aber aus beruflichen Gründen erst noch ein paar tausend Seiten zu einem anderen Thema an Lektüre dazwischen schieben, bis ich mich im Januar wieder diesem Buch widmen konnte. Meine lange Lesedauer dieses 219 Seiten langen Buches hatte also nichts damit zu tun, dass es langweilig, sperrig oder schlecht wäre – ganz im Gegenteil! Obwohl es sich um das Werk eines Historikers handelt (und viele womöglich denken, Wissenschaft sei trocken, Geschichtsbücher verstaubt), das wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, zieht es einen in seinen Bann wie ein Krimi, und das, obwohl man den Ausgang der Geschichte ja nur zu gut kennt: die Vernichtung von 6 Mio. Juden.

Das Werk ist in 4 Teile zu je 3 Kapiteln aufgeteilt, wobei das jeweils erste Kapitel als Einführung die allgemeinen geschichtlichen Vorgänge beschreibt.

Dancing on a Volcano: the Weimar Republik

Teil 1 beginnt mit den Voraussetzungen, nämlich der Situation zu Zeit der Weimarer Republik, insbesondere der Schaffung des Waffengesetzes von 1928, welches „Erwerbsscheine“ (heute Waffenbesitzkarte), Waffenscheine (zum Führen von Waffen) und behördliche Genehmigungen für Waffenhändler und -hersteller nötig machte. Dies alles wurde nur  „zuverlässigen Personen“ gewährt. Zudem wurde die Registrierungspflicht im Gesetz verankert, so dass die Behörden jederzeit leichten Zugriff auf Waffenbesitzer und ihre Waffen nehmen konnten. Wie so vieles war dieses Gesetz „gut gemeint“, nämlich um Extremisten den Zugriff auf Waffen zu erschweren. Denn es war durchaus bemerkt worden, dass gerade solche Waffenregister nicht in die Hände gewisser Personenkreise gelangen sollten – aber genau diese Leute erlangten schließlich den Zugriff und nutzten sie zu ihren Zwecken…

Enter the Führer

Der zweite Teil rekapituliert zunächst mal kurz, wie die Nationalsozialisten an die Macht kamen. Die Nazis verloren keine Zeit, auf Grundlage der Waffengesetze der Weimarer Republik Juden und Linke zu entwaffnen. Wo die Waffen zu finden waren, ließ sich leicht ermitteln, denn die rechtschaffenen Bürger hatten ihre Waffen zumeist ordnungsgemäß registrieren lassen. Nun brauchte man sie nur noch als „nicht zuverlässige Personen“ qualifizieren, bzw. zu definieren, wer zu den Staatfeinden zu rechnen sei.

 Nacht der langen Messer

Der dritte Teil beschäftigt sich mit der Gleichschaltung, beginnend mit der Entmachtung der SA in der „Nacht der langen Messer“. Hier wird auch beschrieben, wie die Gestapo als außerhalb der Gesetze stehende Behörde genutzt wurde, um auf Jagd nach Waffen zu gehen und den Bedrängten keine Möglichkeit gelassen wurde, sich dagegen zu wehren. Gerade auch für die Geschichte des Sportschützentums ist dieses Kapitel besonders interessant, denn hier wird die Gleichschaltung der Schützenvereine beschrieben, die in den neu gegründeten „Deutschen Schützenverband“ eintreten mussten und ihre bisherige Souveränität verloren (wie andere Sportclubs auch). Im März 1938 wurde dann das neue Waffengesetz der Nationalsozialisten verabschiedet. Es sollte den Waffenbesitz für die Anhänger des Regimes erleichtern (so war für SA, SS u.a., u.U. ab einem gewissen  Rang, kein Waffenschein mehr zum Führen einer Waffe nötig) und gleichzeitig den Juden jedes Recht (Erwerb, Besitz, Führen) auf Waffen und Munition absprechen.

Reichskristallnacht

Der vierte Teil hat die Reichskristallnacht zum Thema, jene am 9./10. November 1938 vom Naziregime durchgeführten Pogrome gegen Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen sowie gegen die Juden selbst. Auch hier bildete die Suche nach Waffen einen der wichtigen Punkte. All jede, bei denen noch Waffen gefunden wurden, wurden verhaftet und die Waffen sichergestellt. Die Voraussetzungen für den Abtransport der Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager und die „Endlösung“ der Judenfrage waren geschaffen.

Anschaulich wird die Reichskristallnacht durch die Darstellung einiger Einzelschicksale im letzten Kapitel „Jewish Victims Speak“. Das Buch schließt mit einem Kapitel über den deutschen Widerstand, in dem die weiße Rose und Stauffenberg, aber auch unbekannte, kleinere Akte der Auflehnung erwähnt werden.

Nicht nur im Bezug auf das Abschlusskapitel, auch ganz allgemein lässt sich sagen, dass dieses Buch trotz seines Themas sehr „deutschenfreundlich“ geschrieben ist, da es viele Beispiele aufführt, die zeigen, dass auch ein (großer?) Teil der deutschen Bevölkerung nicht mit dem totalitären Regime der Nazis einverstanden war, sich teilweise und den Möglichkeiten entsprechend wehrte und den Juden zur Hilfe kam. Es zeigt aber eben auch, wie gewisse staatliche Voraussetzungen (Waffenregister, Schlägertruppen, außerhalb aller Gesetze stehende Behörden) einen effektiven Widerstand fast unmöglich machen. Mir hat die Lektüre dieses Buches wieder mal auf erschreckende Weise ins Gedächtnis gerufen, wozu ein Terrorstaat alles in der Lage ist.

Das Werk geht durchaus auch auf die nahe liegende, wenn auch eher von Waffengegnern vorgebrachte Frage ein, ob es denn etwas geändert hätte, wenn die Juden bewaffnet gewesen wären. Halbrook wollte mit diesem Buch keineswegs behaupten, dass eine Bewaffnung den Holocaust verhindert hätte. Aber anhand einzelner Beispiele zeigt er doch auf, dass ein entschlossener, besonders auch ein bewaffneter Widerstand, in einigen Fällen dazu führte, dass die feigen Schlägertrupps den Schwanz einzogen und von ihrem Vorhaben abließen. Sonst lautet das Credo auch immer (bei den Rufen nach Waffenverboten) „Wenn nur ein Kind/Mensch dadurch gerettet werden könnte….!!!“ Aber bei diesem „einen Juden“ scheint dieser Spruch dann nicht mehr zu gelten…

Für pro-gun-Meme-Bastler bietet das Buch eine Fülle an Sätzen, die sich hervorragend eignen. Das Werk ist ein einziges Manifest dafür, dass Waffen in die Hände unbescholtener Bürger gehören. Es zeigt, dass man aufhorchen sollte, wenn der Staat nicht will, dass die Bürger Waffen besitzen. Das Dritte Reich war ja nicht die einzige Diktatur, die ihr Volk entwaffnet hat. Untersuchungen zu anderen Terror-Regimen könnten dieses Bild ergänzen. So, dass es irgendwann der bornierteste Waffengegner begreift? Mit dieser Hoffnung bin ich vorsichtig, aber man könnte dann irgendwann auch „Vorsatz“ unterstellen…

Einen negativen Punkt habe ich anzumerken: Leider habe ich überdurchschnittlich viele Fehler bei den deutschen Begriffen feststellen müssen, ich hoffe, diese werden bei der nächsten Auflage korrigiert – das Buch hat eine einwandfreie Erscheinung verdient!

Fazit

Wenn es ein Buch zum Thema Waffenrecht gibt, das unbedingt übersetzt gehört, dann dieses. Denn es handelt sich um eines, in dem es nicht um „amerikanische Verhältnisse“ geht, sondern um deutsche. Deutsche Verhältnisse zu einer Zeit, die besonders das links-grüne politische Spektrum ad nauseam verwendet, um auf (reale oder angebliche) Missstände hinzuweisen oder um politische Gegner mit der so genannten Nazikeule mundtot zu machen. Mit der Übersetzung dieses Buches könnte man diesen Leuten „in your face!“ entgegenschleudern, denn hier ist einmal „Drittes Reich“ in einer Form geboten, die ihnen nicht schmecken wird. Verweist der Inhalt doch zu sehr darauf, was sie selbst fordern und vorantreiben: Eine Entwaffnung der Bevölkerung, so dass nur noch Polizei und Militär bewaffnet sind.

Eine Übersetzung wäre deswegen sinnvoll, weil Englisch als Zweitsprache in Deutschland leider immer noch nicht in dem Maße verbreitet ist, dass eine breitere Bevölkerungsschicht in der Lage oder gewillt wäre, Bücher in englischer Sprache zu lesen.

Stephen P. Halbrook: “Gun Control in the Third Reich: Disarming the Jews and ‘Enemies of the State’”. The Independent Institute, Oakland, CA/USA, 2013. 219 Seiten. Englisch.

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Dieser Beitrag ist im Original unter http://sagittarius-femininus.de zu lesen.

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13 Replies to “Stephen P. Halbrook: Gun Control in the Third Reich”

  1. Den deutschen Nationalsozialismus zu beurteilen und einzelne Gesetze und Ereignisse in einen Zusammenhang zu stellen, ist eine sehr schwierige Aufgabe. Überhaupt ist Geschichte die komplexeste Wissenschaft. Da Verhalten von Menschen zu verstehen und zu bewerten, ist schwierig; wenn diese Menschen unter ganz anderen Umständen lebten, ist es fast unmöglich.

    Die Weimarer Republik schuf das erste deutsche Waffengesetz. Dies war aufgrund der Entwicklung der Waffen und der allgemeinen Verfügbarkeit von Waffen nach dem Ersten Weltkrieg notwendig und sinnvoll. Aus diesen Anfängen stammt die heute noch gültige Unterscheidung von Lang- und Kurzwaffen im deutschen Recht. Schon damals wurde erkannt, dass Langwaffen keine Rolle bei der Kriminalität spielen. Die Nationalsozialisten haben das Waffenrecht nicht wesentlich geändert. Wie so oft gab es rechtlich kaum Veränderungen im Vergleich zur Zeit vor 1933.

    Halbrooks Intention ist nach meinem Eindruck den Beweis zu führen, dass bei freiem Waffenbesitz ähnlich wie in den USA ein Drittes Reich nicht möglich gewesen wäre. Hier ist schon die erste Schwierigkeit, die Verhältnisse der USA auf Deutschland zu übertragen. Es hat seine Gründe, weshalb das Waffenrecht in New York, Arizona, Texas und Kalifornien anders ist. Gleiches gilt für die USA im Vergleich zu Europa, Afrika usw.

    Die USA sind als pazifistischer Staat gegründet worden. Nach der ersten Intention der Gründungsväter sollten die USA keine Armee haben, die USA sahen sich selbst bei einer allgemeinen Volksbewaffnung als nicht angreifbar an und hatten nicht die Absicht ein anderes Land anzugreifen. Bis heute vertritt man in den USA die Ansicht, dass Demokratien keine Kriege anfangen. (Andere Völker werden das anders sehen). Doch schon Thomas Jefferson und George Washington mussten erkennen, dass es ohne Militär nicht ging und sie gründeten zuerst eine Marine.

    Das Konzept einer allgemeinen Volksbewaffnung wurde auch von Nationalsozialisten vertreten, ganz prominent dafür war Röhm. Grundsätzlich wurde diese Idee nie ganz verworfen, sie war aber nicht durchführbar und entsprach meiner Ansicht nach nicht dem Stand der Militärtechnik. Auch mit Blick auf die USA halte ich die Begründung für den freien Waffenbesitz mit der äußeren Sicherheit im Atomzeitalter für nicht stichhaltig und sogar für unangemessen.

    Die Waffengesetzgebung im Dritten Reich in einen Zusammenhang mit der Verfolgung der Juden zu stellen, halt ich für vollkommen falsch. Ich denke es ist unmöglich, dafür einen Beleg zu finden.

    Die Waffengesetze wurden nicht wesentlich verschärft und Waffenbesitz war leichter möglich als heute. Manche hier im Forum gemachte Aussagen, muss man in den Kontext der Zeit stellen:
    – Es herrschte wirtschaftliche Not. Geld für teure Hobbies war nicht zahlreich vorhanden.
    – Schießsport wurde überwiegend mit Zimmerstutzen und KK-Waffen ausgeübt. Diese Waffen waren frei beschaffbar. Beim Schießsport muss man sehen, dass es nicht nur der Waffen dazu bedarf, man muss auch geeignete Schießstände haben. So etwas wie Ordonnanzwaffen gab es meines Wissens im Schützensport nicht und konnte es nicht geben.
    – Jäger schossen mit einschüssigen Kipplaufwaffen, Flinten oder ehemaligen Militärrepetieren. Die Jagd war nicht reglementiert. Wer ein Jagdrecht hatte, konnte schießen wie er wollte und mit was er wollte.Das Jagdrecht beginnt erst nach 1933. Die Motivation dafür war in erster Linie der Naturschutz.
    – Ein fünfschüssiges Repetiergewehr war die Standard-Kriegswaffe. Automatische Handfeuerwaffen wurden erst während des Krieges entwickelt, zuerst die Maschinenpistole, zuletzt das legendäre Sturmgewehr 44, und sie spielten bei der Bewaffnung der Truppen kaum ein Rolle. In anderen Ländern beginnt die Entwicklung erst nach 1945.
    – Die Entwicklung von Pistolen stand am Anfang. Es waren Dienstwaffen. Kaum jemand sah einen Grund oder sogar eine Notwendigkeit eine Pistole zu besitzen.

    Jetzt wird es kritisch, ich sage aber nichts, was nicht wissenschaftlich anerkannt wäre: Im Dritten Reich waren prozentual mehr Menschen in Haft als zum Beispiel in den kommunistischen Staaten nach 1945. Dennoch war es weniger eine Diktatur in dem Sinne, dass eine Minderheit über eine Mehrheit herrscht. Die Zustimmung war sehr hoch, man kann 70-80% annehmen. Hitler musste mit Sicherheit nicht das Volk fürchten. Es gab auch verschiedentlich Wahlen. Hitler war ein guter Wahlkämpfer und musste keine Angst vor Wahlniederlagen haben.

    Es herrschte grundsätzlich keine Gesetzlosigkeit und es gab keine Institution die außerhalb des Rechts stand, wie hier gesagt wurde. Die Probleme des Staates und der Rechtsstaatlichkeit waren anders gelagert: Es herrschte ein Kompetenzgerangel zwischen den Institutionen des traditionellen Staates, Parteiorganisationen und Einzelpersonen; und Hitler war ein schwacher Diktator, der nicht in der Lage oder willens war, die Fäden zusammenzuhalten.

    Soweit es damals Beschränkungen des Waffenrechts gab, sehe ich diese nicht als unberechtigt an. Schusswaffen waren nach dem ersten Weltkrieg leicht zugänglich. 1923 gab es den bewaffneten Hamburger Arbeiteraufstand, mehrere paramilitärische Organisationen waren bewaffnet (nicht nur die SA), regelmäßig gab es Tote bei Demonstrationen und Streiks. Die deutschen Kommunisten und die Komintern pflegten eine Rhetorik, die die Absicht eines Staatsstreich vermuten ließen (nicht nur bei den Nationalsozialisten).

    Mein Fazit: Irgendwelche Veränderungen im Waffenrecht haben keinen Zusammenhang mit der Unterdrückung politischer Opposition, die übrigens fast ausschließlich die Kommunisten betraf, oder der späteren Verfolgung der Juden. Ich halte es für ausgeschlossen, dass ein anderes Waffenrecht irgendetwas am Verlauf der Geschichte geändert hätte. Halbrook überträgt US-amerikanische Gang-und-Gäbe-Vorstellungen auf Deutschland, ohne Deutschland oder die Situation vor 1945 zu kennen oder zu verstehen.

  2. Liebe Frau Triebel, ich könnte Ihnen jetzt ellenlange Zeilen zu dem Thema Vorkriegsgeschichte schreiben, weil ich da nicht erst bei 1939 ansetzen müsste, sondern bereits im 19. Jahrhundert, aber es ist schon spät und andere haben das für mich bereits getan. Ich empfehle Ihnen dringend das Buch von Gerd Schultze-Rohnhof „1939 – Der Krieg der viele Väter hatte“. Es wird definitiv Ihren Horizot und Ihr Wissen erweitern und eine gute Basis für tiefgründigere Nachforschungen liefern.

    Nur eins möchte ich Ihnen sagen und ich kann da, wie oben schon erwähnt, aus 6-jähriger Erfahrung sprechen: Geschichte ist die Geschichte der Sieger. Geschichte hat nichts mit Wahrheit zu tun, sondern sie ist immer subjektiv, nämlichein ein Bild, dass ein Überlegener über einen Unterlegenen zeichnet. Dabei ist der Überlegene in der Regel der „Gute“, der Unterlegene ausnahmslos der „Böse“, wie sollte es auch anders sein.
    Geschichte dient dazu, die politischen Handlungen des Überlegenen im Nachhinein zu legitimieren, auch wenn diese offenkundig Verbrechen gewesen sind, die denen, die man dem Unterlegenen anhängt, in nichts an Grausamkeit und Bosheit nachstehen.

    Geschichte dient auch zur Legitimierung der Tagespolitik und da die meisten Geschichtslehrenden Angestellte des Staats sind, gilt für die meisten Geschichtslehrenden, bis auf wenige Ausnahmen, der Spruch: wess‘ Brot ich ess‘, dess‘ Lied ich sing.

    Ich sage es noch einmal: wenn Sie ein Geschichtsbuch, egal welches lesen, halten Sie keine „heilige Schrift“ in den Händen. Es gibt in der Geschichte keine Wahrheit, Geschichte ist ausnahmslos konstruiert. Und für Geschichte gilt, wie für jede Wissenschaft, der Spruch: Wissenschaft ist der aktuellste Stand des Irrtums. 😉

    Damit wünsche ich Ihnen eine gute Nacht.

  3. Ich möchte hier nichts für Gut heißen oder rechtfertigen, das liegt mir als studiertem Historiker in bezug auf das NS-Regime absolut fern. Aber wenn man schon von der sogenannten „Reichskristallnacht“ spricht, dann sollten alle Fakten und Hintergründe auf den Tisch gelegt werden, wie es dazu kam. So wie man ein Pferd nicht von hinten aufzäumt, darf man Geschichte nicht von ihrem Ende her denken.

    Heute sieht man im Reichswaffengesetz von 1938 und der daraus folgenden Entwaffnung der Juden die Vorbereitung des NS-Regimes zum Völkermord. Doch wenn man sich die Vorgeschichte genauer ansieht, dann kann man Zweifel anmelden, ob tatsächlich „der lange Plan“ hinter der Einführung des Reichswaffengesetzes stand.

    Relevant für die waffenrechtliche Thematik ist dabei die Verordnung vom 11. November 1938, nachzulesen im Reichsgesetzblatt Teil I, Nr. 188 vom 12. November 1938 (dieses Datum bitte merken!). Erst durch diese Verordnung wurde Juden der Waffenbesitz vollständig verboten. Die Einführung dieser zusätzlichen Verordnung und die sogenannte Reichskristallnach haben einen gemeinsamen Hintergrund, nämlich das Attentat eines polnischstämmigen Juden, Herschel Grynzpan, auf den deutschen Botschaftssekretär in Paris Ernst vom Rath am 7. November 1938 (also vier Tage VOR der Verordnung, die den Juden im Dt. Reich den Waffenbesitz untersagte). Ernst vom Rath starb zwei Tage später, am 9. November, an seinen Verletzungen.

    Dass nun das Attentat auf Ernst vom Rath und die Einführung der besagten Zusatzverordnung zum Reichswaffengesetz zeitlich so eng beieinander lagen, lässt den Schluss zu, dass der Erlass der Verordnung kein lang vorbereitetes Projekt der NS-Führung gewesen ist, sondern eine direkte Reaktion auf den Mordanschlag eines deutschen Botschaftsbeamten durch einen polnischstämmigen Juden, der davor auch noch zwei Jahre lang in Deutschland gelebt hatte.

    Natürlich hat die NS-Führung mit dieser Verordnung sämtliche, zu diesem Zeitpunkt im Deutschen Reich noch lebenden Juden (und das waren immerhin noch 200.000!) in Sippenhaft für diesen Anschlag genommen. Aber dazu muss man anmerken, dass das NS-Regime beileibe kein Rechtsstaat war. Und nimmt man die Äußerungen als Referenz, die z.B. regelmäßig von den Gründen zu hören sind, wenn es im heutigen Deutschland zu einem Mord oder Morden mit (legalen) Schusswaffen kommt, dann kann man sich fragen, ob unsere Politiker nicht in die Fußstapfen derer treten, die sie so vehement abzulehnen vorgeben.

    Noch ein paar Hintergrundinformationen zur sogenannten Reichskristallnach, die eher allgemeiner Natur sind: entgegen der weit verbreiteten Meinung waren die Pogrome gegen die Juden im Rahmen der Reichskristallnacht nicht zentral gesteuert oder gar erwünscht. Es gibt im Bundesarchiv Koblenz mit dem Az. NS 6/231 eine Mitteilung, die damals aus dem Führungsstab von Hitler am 9. November an alle Gauleiter geschickt wurde. Sie lautete wie folgt:

    „Auf ausdrücklichen Befehl allerhöster Stelle [Anm: d.h. auf Befehl Hitlers] dürfen Brandlegungen an jüdischen Geschäften oder dergleichen auf gar keinen Fall und unter gar keinen Umständen erfolgen.“

    Es ist auch sehr interessant, dass der Attentäter von Paris, der von der französischen Polizei festgenommen worden war, nach dem Frankreichfeldzug 1940 zwar an die deutschen Behörden übergeben wurde, aber entgegen allgemeiner Annahme nicht sofort ermordet wurde, im Gegenteil: der Prozess, der gegen ihn angestrebt wurde, hat nie stattgefunden und es gibt Hinweise darauf, dass er den Krieg sogar überlebt hat und unter anderem Namen zurück nach Frankreich ging. Das habe im Übrigen nicht ich mir aus den Fingern gesaugt, sondern auf einer jüdischen Internetseite gelesen. 😉

    1. Wenn die Nazis fähig waren, sich polnische Uniformen anzuziehen und einen polnischen Überfall auf Deutschland vorzutäuschen, dann waren die sicherlich auch in der Lage ein False-Flag-Attentat kurz vor der Abstimmung des Gesetzes zu inszenieren.

      Ich kenne mich in der Historie nicht so gut aus, aber die Information, dass der jüdische Attentäter an deutsche Behörden übergeben wurde und trotzdem diese fürchterliche Zeit überlebt haben könnte, nährt den Zweifel.

      Hier steht was zur Reichskristallnacht. Anscheinend sollten die Zerstörungen von jüdischen Geschäften aus zwei Gründen aufhören: sie beschädigten arisches Eigentum (an den benachbarten Häusern) und hatten ihren Zweck bereits erfüllt.

      https://books.google.de/books?id=Qe6yAAAAQBAJ&pg=PA62&lpg=PA62#v=onepage&q&f=false

  4. Glueckliche Sklaven brauchen keine Waffen. Und wenn man dabei seine eigene Geschichte sowieso nur durch die Brille der Sieger betrachtet, dann muss man sich eben in der Sprach- und Wehrlosigkeit eines „verurteilten Taeters“ gemuetlich einzurichten versuchen und darauf hoffen, dass man kein Opfer von „bereichernden Einzelfaellen“ wird.

    „Wenn ein Volk glaubt, ohne Mut und Kraft auch bestehen zu koennen,
    dann soll es nicht jammern, wenn Not und Elend es ueberwaeltigen.“

    („Adolf Hitlers Programm“, Aufruf zur Wahl am 31.7.1932)

  5. Mehr zusammenhangloser Unfug ging nicht? Hat die letzte Gefährderansprache nicht gewirkt? Oder wieder so ein Trollversuch wie das Plädoyer für „libertären Waffenbesitz“?

    Es ist sachlich, und rechtlich falsch zu behaupten im 3. Reich sei der private Waffenbesitz statatlich gefördert worden.
    Tatsächlich gabs Kurzwaffen vorwiegend für Parteimitglieder und dann nur die zuverlässigen. Ansonsten war für das normale Volk da rechtlich nicht viel zu holen, von einer Volksbewaffnung zu sprechen ist angesichts der damals schon vorhandenen Kontrollmechanismen absurd.

    Die Waffengewöhnung war das Primärziel, dazu eben erlernt unter strenger staatlicher Aufsicht! Halt klassische vormilitärische Konditionierung, nix „Freiheit“!
    Waffen gabs alos nur bei Militär und BOS, und selbst dort war eine gedankliche und die faktische Kontrole durch Spitzel und Vorgesetzte immer gegeben.

    Also was soll diese offenkundig wahrheitswidrige Verklärung des 3. Reichs? Noch dazu mit solchen Einlassungen volksverhetzenden Charkters „Judentum und andere Kriminelle“?

    Geht bei Thiazi posten.

  6. Wer „rechtschaffend“ und „Staatsfeind“ ist, beurteilt die herrschende Politik. Die NS-Chargen, die von Hitler bewaffnet wurden, hätten heute wegen Unzuverlässigkeit keine Waffen erhalten. Die Juden, Sinti/Roma, Schwule und Linke, die unter Hitler entwaffnet wurden, würden heute als zuverlässig gelten.

    In einer Demokratie gilt die Unschuldsvermutung, nicht die Sippenhaft. Das Buch ist so wichtig, weil es bereits wieder anfängt: Aktuell sind in Deutschland Mitglieder der NPD und von Motorrad-Clubs „Staatsfeinde“, die entwaffnet werden müssen.

    Halbrook hat 20 Jahre zu diesem Thema recherchiert und hier in Europa nach Dokumenten gesucht, insbesondere nach der Wende, und gefunden, die vorher nie erwähnt wurden. Bevor man Abschreiben unterstellt, sollte man das Buch wenigstens gelesen haben.

  7. Hier noch ein Hinweis zum Author des oben verlinkten Dokuments (Wiliam L. Pierce):
    http://en.wikipedia.org/wiki/William_Luther_Pierce
    Zitat:
    „Pierce became one of the leading members of the National Socialist White People’s Party,“

    Da passt es natürlich ganz gut wenn der Author (Pierce) den Nazis den Willen zur Volksbewaffnung unterstellt, gerade im Kontext einer amerikanischen „National Socialist White People’s Party“. In den USA ist Waffenbesitz ein Grundrecht und zu behaupten die Nazis hätten dieses „Grundrecht“ missachtet wäre der eigenen „Parteiwerbung“ sehr zuwieder gelaufen.

  8. „Gerade im III. Reich wurde privater Waffenbesitz und Schiessausbildung fuer alle Altersgruppen im Deutsche Volk gefoerdert und unterstuetzt“

    Gerade diese Aussage stimmt so nicht!

    Kurzwaffen waren ausserhalb der NS-Kader nicht so einfach zu bekommen (Waffenerwerbsscheinpflichtig), der sog. „Waffenbesitz“ wurde im Sinne einer militärisch nutzbaren „Vorausbildung“ gefördert, hauptsächlich das KK-Schiessen.

    Der Staat behielt sich die Kontrolle über sog. „Kriegswaffen“ vor, sprich vollautomatische Schusswaffen, Halbautomaten oder auch 5(sic!)-schüssige Repetiergewehre.

    Das ganze Waffengesetz in der NS-zeit war dazu ausgelegt den deutschen Bürger zum Kanonenfutter auszubilden und die Systemfeinde zu entwaffnen

  9. Heute sehe ich, was das Misstrauen und das Überlegenheitsdenken gegenüber dem Volk angeht, erschreckende Parallelen. Vor allem bei Parteien, die ihre Ideologie als höchstes Gut betrachten und diese ohne jegliche Rücksicht auf Gesetze, Vernunft und Kosten durchsetzen wollen. Daher ist es unsere Pflicht gegenüber der Demokratie und der Zukunft unserer Heimat und unserer Nachkommen, die demokratischen Grundrechte zu wahren und gegen jeden zu verteidigen der diese abschaffen oder beschneiden will.

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