#Waffenschrank: Warum nicht S1/S2 ??

Gestern hat der Bundestag in der 1. Lesung über Waffengesetzänderungen debattiert. U.a. wird gefordert, dass die Waffenschränke der Klasse A und B künftig durch Widerstandsgrad 0 ersetzt werden sollen. Es gibt aber Bestandsschutz für alte Waffenbesitzer. Das Gesetz muss noch in die 2. und 3. Lesung (vor der Sommerpause), bevor es verabschiedet wird und wird erst gültig mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger.

Mindestens bis Spätsommer 2017 kann ein neuer WBK-Besitzer noch einen A/B oder S1/S2 Schrank kaufen, der dann als Altbesitz zählt.

Wir hoffen jedoch noch, dass statt W-0, S1/S2 akzeptiert wird. Bisher argumentieren die Politiker, dass ja nur 300 Euro Preisunterschied wären, dabei sind es 500 bis 700, was eine Verdopplung bzw. Verdreifachung bei der Anschaffung bedeutet.

Und hier kommt Ihr ins Spiel: Schreibt die MdBs an mit Gegenargumenten, die ihr von unserer Seite holen könnt: Neue (und alte) Schikanen der Regierung – Teil 1

38 Minuten-Debatte zum Waffengesetz:

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Hier die Argumente der CDU und unsere Gegenargumente

Die im geltenden Waffengesetz geregelte fiktive Gleichwertigkeit von Sicherheitsbehältnissen nach dem Einheitsblatt VDMA 24992 mit den Sicherheitsstufen A und B zu Sicherheitsbehältnissen nach der Norm DIN/EN 1143-1 soll aus folgenden Gründen dagegen nicht länger gelten:

Falsch: Es gab nie eine Gleichwertigkeit, sondern starke Unterscheidungen zwischen A und B und W-0 nach DIN/EN 1143-1

1. Das Einheitsblatt VDMA 24992 wurde bereits zum 31. Dezember 2003 vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. zurückgezogen, es findet daher seit 2004 keine Marktüberwachung für Sicherheitsbehältnisse der Sicherheitsstufen A und B nach diesem Einheitsblatt mehr statt.

2. Hersteller bieten seit 2004 Sicherheitsbehältnisse der Sicherheitsstufen A und B zur Aufbewahrung von Schusswaffen an, die nicht durch eine zertifizierte Stelle auf Einhaltung der Qualitätsstandards geprüft werden.

Richtig: Heute gibt es S1/S2 Schränke nach EN 14450 statt A/B nach VDMA 24992.

3. Die Aufbruchssicherheit von Sicherheitsbehältnissen nach der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 liegt deutlich über der Aufbruchssicherheit von Sicherheitsbehältnissen nach dem Einheitsblatt VDMA 24992.

Richtig: aber auch S1/S2 Schränke EN 14450 liegen über dem Sicherheitsstandard von A/B nach VDMA 24992.

Dies sieht man an den privaten Versicherungssummen. In S1/S2 liegt diese bei 5.000 und 30.000 Euro, bei A/B bei 2.500. D.h. die Aufbruchssicherheit wird bereits mit S1 verdoppelt und mit S2 verzwölffacht, bei zumutbaren Mehrkosten von 100 bis  200 Euro.

4. Zehn Länder haben für die Jahre 2014 und 2015 jeweils rund 120 Fälle des Aufbruchs und 180 Fälle der Wegnahme von Sicherheitsbehältnissen festgestellt, bei denen mindestens eine Waffe abhanden gekommen ist.

Hier fehlt eine Evaluation:

  • Welche Waffen wurden aus welchem Schrank gestohlen?
  • Wo stand der Schrank?
  • Wie viele entwendeten Waffen wurden bei Gewaltdelikten missbraucht?
  • Wie viele landeten auf dem Schwarzmarkt?
  • Wo ist der Vergleich von S1/S2 zu A/B?
  • Und wo bleibt die Folgenabschätzung, wenn statt S1/S2 gleich W-0 eingeführt wird? 

Haben die Verantwortlichen nur mit Vertretern der Waffenschrank-Herstellern und Versicherungen gesprochen? Oder auch mit Praktikern?

In einer schwedischen Studie (Safe storage and thefts of firearms in Sweden: An empirical study), in der alle Diebstähle von Schusswaffen innerhalb von 15 Jahren untersucht wurde, kam heraus, dass ca. 230 Waffen pro Jahr gestohlen wurden, aber maximal eine gestohlene Waffe zu kriminellen Gewaltdelikten pro Jahr missbraucht wurde. Auch wurde gezeigt, dass die meisten gestohlenen Waffen für Kriminelle nicht von Interesse waren (Jagdflinten, Vorderlader, Luftgewehre). Die landen nicht mal auf dem Schwarzmarkt, sondern werden still entsorgt (meist in Flüssen).

Wo bleibt die Verhältnismäßigkeit?

Zu Recht haben die nationalen Regierungen in der EU den jährlichen TÜV für alte Autos abgelehnt. Dies hätte zur Verdoppelung der Kosten für 25 Millionen Autos geführt. Warum werden dann Verdreifachungen der Kosten für 15.000 neue Waffenbesitzer gefordert? Ganz einfach: sie sind eine Minderheit!

Bei einer Erhöhung des Sicherheitsstandards für Behältnisse zur Aufbewahrung von Waffen werden der Aufbruch und wegen des höheren Gewichts auch die Mitnahme der Behältnisse erschwert. Somit wird die Zahl abhandenkommender Waffen effektiv reduziert.

Falsch: Diebe lassen sogar Waffen in aufgebrochenen Schränken zurück, damit es nicht zu einer intensiven Strafverfolgung kommt. Wir hatten gerade vor einigen Monaten so einen Fall, wo nur das Schmidt&Bender Zielfernrohr (2500 Euro) von Dieben mitgenommen wurde und die Schusswaffe TRG 42 (5000 Euro) zurückgelassen wurde. Dies wird auch in der Studie aus Schweden (Safe storage and thefts of firearms in Sweden: An empirical study), in der alle Diebstähle von Waffen innerhalb von 15 Jahren untersucht wurde, bemerkt. Diebe denken ökonomisch. Einbruchsdiebstahl wird mittlerweile von der Polizei nicht mehr verfolgt, sondern nur aufgenommen. Das sieht ganz anders aus, wenn eine Schusswaffe gestohlen wird.

Für die vorhandenen Sicherheitsbehältnisse VDMA 24992 Sicherheitsstufen A und B wird es dagegen eine sehr umfassende Besitzstandsregelung geben.

Richtig: Das ist gut – Auch der Vorschlag des Bundesrats, den Bestandsschutz für neue Waffenbesitzer in einer häuslichen Gemeinschaft auszudehnen und die gemeinsame Aufbewahrung in einem alten A/B Schrank zuzulassen, ist gut.

Sicherheitsbehältnisse nach DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 kosten bei vergleichbarer Größe und Ausstattung etwa 300 Euro mehr als Sicherheitsbehältnisse nach – nicht mehr gültiger – VDMA.

Falsch: sie kosten 500 bis 700 Euro mehr (W-0 zu A), wogegen S1 und S2 Schränke nur 100 bis 200 Euro mehr kosten, was zumutbar ist.

Verglichen mit den Preisen für Jagd- und Sportwaffen sowie für Munition (Jagdwaffen, zum Beispiel bei Frankonia, kosten ab etwa 300 Euro, die vier beliebtesten Modelle in einem großen Onlineshop im Schnitt etwa 1.400 Euro, Jagdmunition für Büchsen ab 1 Euro pro Patrone, bleifreie Jagdmunition für Büchsen etwa 2 Euro pro Patrone) ist die finanzielle Belastung durch den Kauf eines vorgeschriebenen Sicherheitsbehältnisses nach DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0, mit deutlichem Sicherheitsmehrwert, vergleichsweise gering.

Falsch: Die Mehrkosten liegen beim Doppelten und Dreifachen. Für eine Schrotflinte oder einen Repetierer im Wert von 300 Euro muss der neue Besitzer statt 200 Euro nun 900 Euro für den Schrank hinlegen: das Dreifache vom zu sichernden Waffenwert!

Wir fordern, dass S1 und S2 Schränke nach EN 14450 die A und B Schränke nach VDMA ersetzen sollen.

 

6 Replies to “#Waffenschrank: Warum nicht S1/S2 ??”

  1. Der erste Kritikpunkt trifft m.E. nicht zu. Der Punkt ist die „fiktive“ Gleichwertigkeit, um die es hier geht. Das Gesetz spricht von „als gleichwertig gilt“. Das bedeutet nicht, dass der Gesetzgeber (fälschlich) davon ausging, 0 und B seien gleich sicher, sondern dass der Gesetzgeber festlegte, sie im WaffG ALS gleichwertig zu behandeln. In anderen (nicht-WaffG)-Kontexten würde diese Gleichwertigkeits-Fiktion des WaffG nicht gelten (z.B. wenn ein Hersteller für ein defektes Produkt „gleichwertigen“ Ersatz liefern muss, so kann ernicht einfach für einen 0 Schrank ein B liefern).

  2. Höhere Schutzklasse = Höherer Gefährdungsgrad der Besitzer

    Heiße Folgeeinbrüche, bei denen die Besitzer anwesend sind, werden anscheinen völlig außer Acht gelassen.
    Insgesamt kommt es, auch aufgrund bandenmäßig organisierter Einbruchskriminalität, immer häufiger zu sogenannten „heißen Einbrüchen“. – Öffentlich wird darüber nicht gerne gesprochen und mit entsprechenden Presseveröffentlichungen hält man sich bei diesem Thema oft zurück.
    Sind die Bewohner bei einem Einbruch nicht anwesend und finden die Täter einen kl. Wandtresor, dann weckt dies meist nicht weiter ihr Interesse.
    Nun finden sie aber einen gut gesicherten Standtresor, entsprechender Größe und Schutzklasse.
    Der einfache Einbrecher wird eventuell vor Wut gegentreten und gut ist. – Die Organisierten, welche eh gerne wiederkommen, wenn es sich mal irgendwo gelohnt hat (eigene Erfahrung) werden jetzt abwägen.
    Mache ich mir die Arbeit das Ding zu öffnen, oder sehe ich zu, dass beim nächsten Mal einer anwesend ist,
    der mir das Ding dann „freiwillig“ aufmacht…?
    Ich denke, dass diese Form der Einbrüche in Zukunft leider weiter zunehmen wird.
    Sicherheit ist eben relativ.

  3. was für ein hick hack. ein leichtbau stahlschrand mit 100-150 kg reicht doch nach meiner meinung aus um den ungehinderten zugriff zu verhindern. alles andere ist humbug. wer will der läst sich auch nicht mit irgendwelchen din vorschriften dafon abhalten eine waffe aus einem schrank zu entnehmen. die politiker sollten mal sich die schränke anschauen den da bin ich sicher, das die bei der diskusion noch niemals so ein teil gesehn haben. ich als metallbauer muss sagen alles unter einem 500 kilo tresor ist in 1-2 std offen. also was soll der ganze mist mit deutscher gründlichkeit am falschen platz.

  4. Man kann bei Verlagen, die Normen verkaufen mal ins Inhaltsverzeichnis reingucken.
    Die beiden Normen unterscheiden sich dahingehend, dass einmal mit Wertschutzschränken (1143-1) und das andere mal mit Sicherheitsschränken (14450) klassifieziert und geprüft werden.
    Definitionen dürften in den Normen stehen (Kosten ca. 200€).

    Unter folgendem Link habe ich eine Übersicht der der Sicherheitsstufen und Widerstandsgarde gefunden:
    http://www.hartmann-tresore.de/leistungen-services/sicherheitsstufen-u-widerstandsgrade.html
    Hier erkennt man, dass S2,0, 1 alle mind. Doppelwandig sind. 0 und 1 jedoch zusätzlich eine Feuerfalz haben (relevant für Waffen? nicht wirklich). Geprüft werden sowohl S1,S2,0 und 1 nach ihrer entsprechender Norm. Für 0 und 1 wird eine „Einheit dafür angegeben“.

    Guckt man nun in die Inhaltsverzeichnisse der Normen, sieht man, dass bei 14450 „nur“ gegen Angriff mit Werkzeugen geprüft wird. Bei 1143-1 gibt es zusätzlich eine Sprengprüfung,Gas Sprengprüfung und eine Prüfung mit Kernbohrgeräten.
    Ich denke nicht, dass diese zusätzlichen Prüfungen relevant sind für Einbrüche in Privathaushalten um ein paar Waffen zu schützen.

    Ev. kann jemand, der sich technisch mit der Materie gut auskennt weitere Argumente liefern.

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