Wenn dpa über US Waffengesetze schreibt ….

… kommt meist Blödsinn – gepaart mit Vorurteilen – raus.

APA/dpa hat diese Meldung erstellt, die von Fehlern nur so strotzt:

USA: Neues Gesetz erlaubt in US-Staat Maine Waffenbesitz ohne Lizenz

Bürger des US-Staates Maine können ab dem Alter von 21 Jahren eine Waffe besitzen. Ein neues Gesetz macht den bisher vorgeschriebenen Waffensicherheitskurs unnötig.

Gesetz betrifft nicht den Besitz, sondern das verdeckte Tragen.

Die Regeln für den Waffenbesitz, darunter der Background-Check, wurden nicht geändert. Aber was soll man von Journalisten erwarten, die auch für Europa laufend die Genehmigungen für Waffenbesitz (WBK) und Waffentragen (Waffenschein bzw. Waffenpass) verwechseln, weil sie immer noch nicht verstanden haben, dass es dabei einen Unterschied gibt.

Durch ein neues Gesetz ist es Bürgern des US-Ostküstenstaates Maine seit Donnerstag erlaubt, Schusswaffen auch ohne staatliche Lizenz zu tragen.

Der Beschluss beinhaltet Einwohner und Besucher im Alter über 21 Jahren. Die Waffen dürfen auch „verborgen“ getragen oder mitgeführt werden, etwa unter der Jacke oder im Handschuhfach eines Autos, wie der republikanische Senator Eric Brakey erläuterte.

Offenes Tragen ohne Genehmigung seit langem erlaubt

Das Gesetz gilt für Personen, die 21 Jahre oder älter sind und für militärischen Angehörigen ab 18 Jahre. Legale Waffenbesitzer, die bisher Waffen besitzen und offen tragen durften, brauchen keine staatliche Genehmigung mehr zum verdeckten Tragen.

Ohne Lizenz dürfen sie aber nicht in anderen US-Staaten verdeckt tragen und sie dürfen dies auch nicht in Maine, wo das Tragen ohne Genehmigung verboten ist. Dazu zählen Gerichtsgebäuden, öffentlichen Schulen, Nationalparks, Bundesgebäude, der Bereich des State Capitols in Augusta und alle privaten Grundstücke, einschließlich Bars, die ein Schild mit „keine Schusswaffen“ haben.

Auch ist es immer noch verboten, eine Handfeuerwaffe in einer Bar zu tragen – egal ob mit oder ohne Genehmigung, wenn man unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen steht.

Bis zur Gesetzesänderung mussten sich Waffenbesitzer in Maine noch einer Untersuchung unterziehen, Fingerabdrücke abgeben und einen Waffensicherheitskurs absolvieren.

Erneut Waffenbesitz mit Tragen verwechselt

Bis zur Gesetzesänderung musste jeder, der eine Pistole verdeckt tragen wollte, eine polizeiliche Genehmigung beantragen. Dazu waren folgende Dinge erforderlich: Zuverlässigkeitsüberprüfung; Erfassung der Fingerabdrücke; ein sechs-seitiger Fragebogen mit Fragen über die Vorstrafen, häusliche Gewalt, Drogenkonsum und psychische Erkrankungen des Antragstellers; sowie der Nachweis, dass der Antragsteller einen Kurs im Sicherheitstraining absolviert und die Gebühr von $ 35 bezahlt hat.

Nach den jüngsten Schießereien an Universität in Oregon und Arizona gab es von Polizeibehörden Kritik am neuen Gesetz. „Es ist ein schwaches Gesetz, durch das wir alle leiden werden“, sagte Portlands Polizeichef Mike Sauschuck dem Lokalsender „WCSH6“.

Gründe verwechselt – einseitige, unbewiesene Vorwürfe

Nicht Oregon und Aurora, sondern die Schießereien auf den Militärstützpunkten in Washington und dem Rekrutierungsbüro in Chattanooga hatten Einfluß auf das neue Gesetz. Im Juli forderte deswegen der US-Verteidigungsminister Ash Carter eine Rezension der Sicherheitsrichtlinien für militärische  Rekrutierungsbüros. Um den Schutz der Soldaten zu gewährleisten, ist die Alterbeschränkung der Militärangehörigen verringert (ab 18 statt ab 21 Jahre).

Natürlich gibt es Gegner und Befürworter für dieses Gesetz. Leider lässt APA/dpa nur die Gegner zu Wort kommen.

Die Gegner befürchten, dass jetzt Erstbesitzer von Waffen diese ohne Sicherheitskurs verdeckt tragen und dadurch die Gefahr von Unfällen und Missbrauch steigt.

Die Befürworter sehen, dass die Grauzone zwischen offenen und verdeckten Tragen entkriminalisiert wird. Die Waffe am Gürtel war bereits ohne Genehmigung erlaubt, deren Transport im Handschuhfach zählt aber zum verdeckten Tragen und benötigte vorher eine Genehmigung.

Es ist noch zu kurz, um die Auswirkungen zu beurteilen. Aber in Maine gibt es seit Kurzem mehr Anfragen für freiwilligen Sicherheitskurse, mehr Verkäufe an bereits erfahrene Waffenbesitzer von kleinen Pistolen und mehr Verkäufe an Schulterholstern für bereits vorhandene Waffen. Bisher ist der Absatz von Waffen an Erstbesitzer nicht gestiegen.

CCW Genehmigung nicht abgeschafft

Waffenbesitzer werden weiterhin ihre Genehmigungen verlängern oder für neue anfragen, da diese – früher verpflichtende – Genehmigung die Rechte zum Tragen ausweitet.

Jeder, der verdeckt ohne Genehmigung trägt, muss sofort erzählen, dass er eine Schusswaffe dabei hat, wenn er von der Polizei angehalten wird – auch, wenn er danach gar nicht gefragt wird. Ansonsten muss er bis zu $ 100 zahlen. Lizenzinhaber brauchen dies nur angeben, wenn sie direkt danach befragt werden.

Auch dürfen Lizenzinhaber diese in Nationalparks führen, sowie ihre Waffen verriegelten Fahrzeugen uneinsehbar an Orten aufbewahren, wo das Tragen verboten ist. Zudem erkennen einige US-Staaten die Lizenz zum Führen in ihrem Staat an.

Weitere Erleichterungen und Fazit

In dem neuen Gesetz wurden weitere Erleichterungen durchgesetzt: Butterflymesser und Einhandmesser sind nicht mehr verboten, Jäger dürfen jetzt Schalldämpfer nutzen. 

Ich persönlich finde die Erleichterungen gut. Die Sorgen der Gegner wären behoben, wenn beim erstmaligen Waffenbesitz ein verpflichtender Sicherheitskurs eingeführt würde. Aber gegen diese präventive Maßnahme, die definitiv die Sicherheit erhöhen würde, würden sich in den USA viele wehren, weil sie dadurch ihre verfassungsmäßigen Rechte verletzt sehen.

Auf der anderen Seite zeigen die praktischen Erfahrungen in den USA, dass Freiheit und Aufklärung funktionieren. Noch nie zuvor gab es so viele freiwillige Sicherheitskursbesucher und die Unfälle mit Schusswaffen sanken noch stärker als die Gewaltaten.

US: 1965 – 2013 Waffen in Privatbesitz (rot) – Unfälle mit Schusswaffen (grün)

 

Links zum Weiterlesen:
dpa Meldung auf Deutsch:  Tiroler Tageszeitung und ORF
Jurist (Pittsburgh School of Law) :  Maine concealed carry law takes effect
Bangor Daily News:  The new Maine weapons laws:  Here’s what you need to know

6 Replies to “Wenn dpa über US Waffengesetze schreibt ….”

  1. Besieht man sich die Geschehnisse in Israel, so muss man zugeben das Waffentragen eine sehr gute Sache ist.

    In Israel wurden etliche Taten an ihrer Vollendung gehindert weil der Angegriffene oder Passanten eine Waffe trugen und reagierten.

    In Deutschland würden diese Passanten wohl erst losheulen und dann streben.

    Ohne das Waffentragen in Israel, gäbe es dort in den letzten 2 Wochen sicher 10-20 Tote mehr zu beklagen, …… die Terroristen der Palästinenser würden ihre Angriffe zudem stark intensivieren wenn diese „Abschreckung“ nicht vorhanden wäre.

  2. Wenn Polizeichefs Gesetze schreiben dürfen – und das dürfen sie in der EU, da fast alle Experten der Firearms Task Force Expertengruppe Polizeichefs sind – würden sie nie permissive Gesetze wie dieses schreiben.

    Hier sind die Argumente des Polizeichef von Portland. Die Kommentare zeigen, dass die Leser mehr Vernunft und Einsicht in die Gesetze haben, als der Polizeichef, der unbegründete Ängste schürt.

    http://www.pressherald.com/2015/10/14/repeal-of-mandate-for-concealed-gun-permits-worries-portland-police-chief/

    1. Man fragt sich wie der Herr „Chief“ geworden ist, oder ob er den Weg dahin schon vergessen hat?

      Jede halbwegs neuzeitliche Polizeiausbildung legt nahe, das pol. gegenüber immer als bewaffnet anzusehen bis das Gegenteil erweisen ist. Auch in den USA…

  3. Tja „deutsche Presse“ at its best..

    Angesichts der nicht enden wollenden Folgen von faktischer Falschberichterstattung führt uns das zu der alten Fragestelllung: Wo enden Unfähigkeit und Dummheit, und wo beginnt Vorsatz!

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.