In unserer Reihe GRA-Women haben wir diesmal eine sehr erfolgreiche Vorderlader-Schützin aus Norddeutschland gewinnen können, unsere Fragen zu beantworten – sie räumt durch ihre Antworten mit Vorurteilen auf und zeigt auch, wie es funktioniert, Familie, Kind und Schießsport unter einen Hut zu bekommen:
Angelika, wer oder was hat Dich denn dazu gebracht, Schießen als Sport zu betreiben?
Da meine Eltern und ich schon lange dem Westernhobby nachgehen und meine Eltern dann auch im Verein mit dem Vorderladerschießen angefangen haben, bin ich auch mit dazu gestoßen. Im Verein lernte ich dann meinen Mann kennen, durch ihn bin ich dann zum leistungsmäßigen Vorderladerschießen gekommen.
Welche Disziplinen schießt Du hauptsächlich?
Ich bin eigentlich eine reine Vorderladerschützin und schieße die Disziplinen Perkussionsgewehr 50m, Perkussionspistole 25m, Perkussionsrevolver 25m, Perkussionsfreigewehr 100m und Steinschlossgewehr 100m. Manchmal schieße ich auch Luftpistole, denn das ist ein gutes Training für alle anderen Kurzwaffendisziplinen.
Was waren – aus Deiner Sicht – die größten Erfolge?
Ich habe seit 2005 mehrere Landesmeisterschaftstitel und Platzierungen in den verschiedenen Vorderladerdisziplinen errungen auf welche ich auch sehr stolz bin. Seit 2007 habe ich mich jedes Jahr zur Deutschen Meisterschaft qualifiziert, hier habe ich einen meiner größten Erfolge feiern dürfen, nämlich den 5. Platz mit der Perkussionspistole Damenklasse im Jahr 2012. Für mich waren aber auch ein 3. Platz mit dem Steinschlossgewehr 100m offene Klasse beim Ländervergleichsschießen, an dem amtierende Welt- und Europameister teilnehmen und der 4.Platz mit dem Perkussionsfreigewehr 100m Damenklasse bei den Qualifikationswettkämpfen zur Weltmeisterschaft sehr große Erfolge.
In welchem Alter hast Du denn damit angefangen und welche anderen Alternativen wären auch in Frage gekommen?
Ich habe mit 23 Jahren angefangen zu Schießen. Mit 26 Jahren habe ich dann begonnen an den Meisterschaften teilzunehmen. Sportliche Alternativen gab es keine für mich, denn dieser Sport ist nun mal von seinen Anforderungen sehr vielseitig. Der Schießsport fördert die Konzentrationsfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein und fordert ein gewisses Maß an körperlicher Fitness.
Wir haben recherchiert und wissen mittlerweile, dass auch Dein Mann ein sehr aktives Mitglied des Vereins ist. Er ist einer der treibenden Kräfte bezüglich der Jugendarbeit und auch einer der erfolgreichen Schützen des SV Quickborn-Renzel. Inwieweit beeinflusst Dich sein Engagement?
Ja, Ralph ist sehr aktiv, was die Jugendarbeit in unserem Verein betrifft. Er ist der Jugendleiter und gestaltet die Aktivitäten des Luftgewehr- und Luftpistolentrainings für die Jugendlichen im Verein.
Darüber hinaus begleitet und betreut er unsere Jungschützen bei Wettkämpfen und dem Kadertraining – dies alles recht erfolgreich. In diesem Jahr konnte er sogar einen Jugendlichen zur Deutschen Meisterschaft nach München begleiten. Das erfordert natürlich viel Zeit und ich versuche ihm – so gut wie möglich – den Rücken freizuhalten. Ich selber bin Kassenwart für die Jugend und somit auch in viele Dinge der Vereinsarbeit eingebunden, ich arbeite meist organisatorisch im Hintergrund oder bin bei Veranstaltungen für die Verpflegung der Jugend zuständig.
Was unser sportliches Schießen betrifft, ist mein Mann immer wieder ein großer Ansporn für mich, da wir bei Wettkämpfen und Training auch unseren kleinen internen familiären Wettkampf bestreiten, was uns beiden immer wieder Spaß macht.
Wie schätzt Du den Anteil der aktiven Frauen im Verein ein? Hat sich der Anteil aus Deiner Sicht in den letzten 5 Jahren vermehrt oder verringert?
Wir konnten in den letzten Jahren einige Frauen gewinnen, die den Spaß und die Leidenschaft am Schießsport für sich entdeckt haben und sind in unserem Verein doch recht gut aufgestellt, natürlich ist der Anteil an männlichen Schützen weitaus größer. Wir (die Frauen) gehören alle zum Verein und das wird von allen offen und gern angenommen, keine Frau wird von den Männern ausgeschlossen, wir sind eine große Gemeinschaft und das finde ich in unserem Verein immer wieder toll!
Macht Dein Verein genug oder zu wenig, um Frauen für den Schießsport zu interessieren?
Ich finde, dass das Angebot für die Frauen im Verein bei uns sehr gut ist. Jeder der sich für den Sport interessiert wird durch einen ehemaligen A-Trainer an den Schießsport herangeführt und bekommt nach und nach die komplette Palette der Disziplinen gezeigt. Man hat dann einen Überblick über die Möglichkeiten und kann sich entscheiden im welchen Bereich man den Sport betreiben möchte.
Auch für die Geselligkeit wird vieles getan, unsere Damenleiterin organisiert zum Beispiel auch mal nette Kegelabende mit anschließendem Essen für die Frauen oder auch mal einen gemütlichen Nachmittag mit Kaffee und Kuchen – diese Angebote werden immer gern angenommen.
Angelika, Du bist Mutter eines kleinen Sohnes. Wie geht man als Eltern mit dem Thema „Kinder und Waffen“ um?
Wir stehen zu unserem Sport und unser Sohn wächst damit auf, er ist immer mit dabei – ob beim Training oder bei Wettkämpfen. Wir reden mit ihm über unseren Sport und er freut sich wenn Mama oder Papa erfolgreich sind. Für unseren Sohn ist es ein ganz normaler Sport ohne jeglichen gewaltsamen Hintergrund und das soll es auch sein. Natürlich sind alle Waffen bei uns zu Hause unter Verschluss, wir haben ein separates Zimmer für unser ganzes Sportzubehör, in welches unser Sohn nicht ohne uns hinein kann, da dieses natürlich verschlossen ist. Außerdem bin ich der Meinung das der alte Spruch „Was verboten ist, ist interessant“ bei Kindern immer noch stimmt. Deshalb finde ich es auch sinnvoll, dass Kinder und Jugendliche unter fachkundiger Anleitung im Schützenverein den Umgang mit Waffen ausüben können. Somit lernen sie, dass das Schießen etwas ganz anderes ist, als es im TV oder Videospielen dargestellt wird.
Schießt Du Deine Wettbewerbe in Frauen/Damen Disziplinen oder auch in gemischten Mannschaften? Und wie beurteilst Du die Wettbewerbschancen für Frauen?
Bei den Vorderladerdisziplinen werden die Mannschaftswertungen immer in der offenen Klasse geschossen, das bedeutet Männer und Frauen zusammen. In den Einzelwertungen Perkussionspistole, Perkussionsrevolver und Perkussionsgewehr 50m gibt es eine reine Damenklasse. Bei den Disziplinen Perkussionsfreigewehr 100m, Steinschlossgewehr 50m/100m, Steinschlosspistole, Dienstgewehr 100m und Muskete wird auch in der Einzelwertung in der offenen Klasse geschossen.
Ich würde sagen, die Wettbewerbschancen sind ziemlich ausgewogen, man muss zwar eine gewisse Leistung bringen um vorn mit dabei zu sein, aber das gilt auch für die männlichen Schützen. Wir Frauen schlagen uns da ganz gut.
Wenn Du drei Wünsche frei hättest, was würden Du dir von der Gesellschaft und von Deinem Verein in Bezug auf diesen Sport wünschen?
Ich wünsche mir:
- dass Sportschützen in den Medien nicht immer so schlecht dargestellt werden. Wir sind genauso gefährlich oder ungefährlich wie Fußballspieler oder andere Sportler, denn schwarze Schafe gibt es überall!
- dass uns die Politik nicht immer neue Steine in den Weg wirft, die uns bei der Ausübung unseres Sports einschränken. Denn warum muss ich als legaler Waffenbesitzer immer mehr Einschränkungen hinnehmen und die illegalen Waffenbesitzer lachen sich ins Fäustchen?
- mehr Anerkennung in der Öffentlichkeit. Warum wird im Wintersport immer vom Biathlon berichtet aber bei den Olympischen Spielen berichtet keiner vom Schießen obwohl dies eine der ältesten olympischen Disziplinen ist. Auch von Welt- und Europameisterschaften hört und liest man nichts. Warum? Im Vorderladerbereich gehören wir International zu den erfolgreichsten Nationen.
Vielen Dank für die Beantwortung unserer Fragen! Wir wünschen Dir, Deiner Familie viel Spaß bei diesem Sport und Dir auch weiterhin viel Erfolg!
Mit Angelika Nolte, der erfolgreichen Schützin des SV Quickborn-Renzel sprach Thomas Richter, Redaktion der GRA
Das Interview gibt es natürlich auch hier als Download: Interview Angelika Nolte
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Den Wünschen schließe ich mich an 😀