Die NRW-Schlüssel-Verunsicherung

Alter Tresor, auf den jemand mit dem Finger zeigt

Zur Zeit sind alle etwas nervös, wegen des aktuellen Schreibens des Landes NRW, welches andeutet, dass ein 6 Monate altes Urteil zur Schlüsselaufbewahrung nun vollzogen werden soll.

Wir fassen hier ein paar der wichtigsten Informationen zusammen und ziehen am Schluss unser eigenes Fazit:

Als erster hatte sich @gunvlog bei YouTube mit einem sehr informativen Beitrag mit dem Schreiben beschäftigt. Er zeigt darin Passagen aus dem Schreiben und erklärt die Texte entsprechend. Er geht hier vor allem darauf ein, dass man nachts seinen eigenen Schlüssel nicht sicher verwahren könne, wenn man ihn ansonsten in der eigenen Hosentasche hat. Man schlafe ja nachts meistens. Aber seht selbst:

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@gunvlog bei YouTube

Das Online-Magazin „Jagdpraxis“ sieht hier auch Handlungsbedarf bei den Waffenbesitzern, auch wenn sie den „Blauen Brief“ der NRW-Waffenbehörden so einordnen, dass hier mehr verlangt wird, als im Gesetz beschrieben wird.
https://jagdpraxis.de/news/nrw-waffenbehoerden-machen-ernst
Das Magazin hat übrigens schon letztes Jahr nach dem Urteil zur Schlüsselaufbewahrung einen Artikel dazu geschrieben: https://jagdpraxis.de/ausruestung/waffen-munition/wohin-mit-dem-waffenschrank-schluessel

Der VdB hat hier inzwischen auch einen kurzen Kommentar abgegeben und das Merkblatt der Behörde verlinkt: https://www.vdb-waffen.de/newsurl/vcr3d5wq.html

In dem neusten Info-Newsletter des BDS wird auch auf das Thema eingegangen. Hier ist der Tenor aber eher, dass das Gesetz sich seit 20 Jahren nicht geändert habe und somit eigentlich gar nicht Zusätzliches verlangt werden dürfe, was die sichere Aufbewahrung der Schlüssel angeht.
Außerdem der wichtige Satz: „Der BDS wendet sich über das Forum Waffenrecht zusammen mit den anderen Verbänden aktuell an den Innenminister von NRW Herbert Reul, damit er die Sache in Ordnung bringt.“

Ich fasse das alles mal zusammen, aktueller Stand am 22.02.2024:
Das Gesetz hat sich nicht geändert, jedoch hat vor 6 Monaten ein Gericht bestätigt, dass Schlüssel nur in Tresoren derselben Sicherheitsstufe aufbewahrt werden dürfen. Zu diesen „Schlüsseltresoren“ selber dürfe es dann aber keine Schlüssel mehr geben, hier wäre dann also ein Zahlenschloss oder eine Biometrie-Erkennung notwendig.

NRW hat dies so aufgefasst, dass man jetzt von allen LWB (Legalwaffenbesitzern) verlangt, dass Sie zwingend ihre Schlüssel in Tresoren lagern müssen. Deswegen werden gerade Briefe an LWB verschickt, wo man aufgefordert wird dies so zu tun.

Rein rechtlich verlangt das Waffengesetz aber NICHT die Schlüssel zwingend so zu lagern. Man kann sie auch weiterhin zum Beispiel ständig mit sich führen. Ob dies nachts beim Schlafen als sicher anzusehen ist, hat aber noch niemand gesetzlich definiert. Laut dem Brief, der hier versendet wird, sei dies aber sehr wohl ein Problem.
Bei einer Beanstandung könnten dann eventuell auch mal die Waffen weg sein, bis das eindeutig rechtlich (wieder vor Gericht) geklärt werden kann – egal ob das nun 100% rechtens ist oder nicht – da kann man nur spekulieren.

Fazit: Zur Zeit könnte man in NRW eventuell bei einer Kontrolle Ärger bekommen mit bestandsgeschützten älteren A/B und auch bei den sichereren Grad 0/1 Tresoren mit Schlüsseln (Zweitschlüssel sollten auch berücksichtigt werden). Auch, wenn es nur Notschlüssel sind, diese dürften nicht außerhalb der Tresore gelagert werden. Vielleicht ist dies aber auch nicht durchsetzbar, weil man das WaffG auch anders auslegen kann. Im Zweifel muss man noch einmal vor Gericht, damit das endgültig geklärt wird. Oder man wartet ab und schaut was passiert. Oder macht die Tresorhersteller glücklich und kauft deren Bestände leer.
Bisher gibt es keine aktuellen Berichte über Kontrollen, welche genau dieses Thema betreffen. Meldet euch gerne bei uns, wenn ihr Erfahrungen gesammelt habt oder schreibt es in die Kommentare.

8 Replies to “Die NRW-Schlüssel-Verunsicherung”

  1. Moin,
    ich nutze seit vielen Jahren einen „Schlüsseltresor für den Aussenbereich“ innerhalb der Wohnung. Der hat nur ein Zahlenschloss – und wenn das mal klemmt, bekomme ich Schweißperlen auf der Stirn. Er ist aus Stahl und von Innen an die Wand gedübelt. Den kann man vielleicht aufschweißen – dabei werden aber, aufgrund der Größe, auch die Schlüssel mit Sicherheit beschädigt. Da auch die Rückseite geschützt ist, hilft es auch nicht, den Tresor aus der Wand zu reißen.
    Wenn der auch beanstandet wird, dann weiß ich auch nicht weiter.
    Zur Zahlenkombination: Ich halte den Vortrag, daß man keine bekannte Kombination nehmen sollte, nicht für schlüssig. Ich kann JEDE Zahl aus einer Reihe irgendwie eingrenzen. Beim Lottospielen klappt das auch nicht. Hier wird immer das Umfeld als Beispiel angeführt. Dann müßte der Dieb ja auch aus meinem direkten Umfeld kommen…
    Die Erfahrung lehrt, daß ein Einbruch immer unter Zeitdruck ausgeführt wird. Da ist jede Verzögerung sehr hinderlich. Es sei denn, es ist ein Auftragsdiebstahl mit mindesens sehr guter Kenntnis der Abwesenheit der betroffenen Personen. Da ist dann die Schutzklasse auch egal. Notfalls wird der gesamte Waffentresor aus der Wand gerissen und mitgenommen. Wenn der dann in Ruhe geknackt ist, hat man „wenigstens“ die Waffen. Hier im Dorf wurde der Tresor der Post vor einigen Jahren auch aus der Wand gerissen und mitgenommen – der war am Boden und der Wand verdübelt und höher als 170cm, breiter als 120 cm und tiefer als 50 cm.
    Ich halte die Gerichtsurteile für weltfremd und deren Auswirkung für Schikane. Wenn der Waffenbesitzer überfallen und gequält wird, dann rückt er früher oder später sowieso den Schlüssel oder die Kombination raus.
    Just my 2 Cent

  2. Objektiv betrachtet zwingt diese Entscheidung nicht dazu, Schlüssel von A/B-Schränken in 0/1-Schränken zu verwahren. Der Verweis auf die aktuell geltenden Regeln verweist eben auf die für den Betroffenen geltenden Regeln und für den, der berechtigt noch A/B-Schränke benutzt, gelten eben gem. § 36 WaffG die neuen Vorgaben nicht. Das für diese Betroffene geltende Recht ist eben ein anderes als das allgemein geltende Recht. Dies läßt sich auch aus dem Urteil des OVG ableiten, denn es schreibt bei Rdnr.65:

    „Daraus ergibt sich indes zugleich, dass es auch für einen Schlüssel zum Waffen- oder Munitionsbehältnis entsprechender Sicherungsmaßnahmen bedarf, wenn und solange der Waffen- oder Munitionsbesitzer die tatsächliche Gewalt über diesen Schlüssel nicht ausübt, sondern diesen anderweitig verwahrt“.

    „Entsprechende Sicherungsmaßnahmen“ – also entsprechend der für den Betroffenen geltenden Aufbewahrungsregeln.
    Die andere Frage ist freilich, ob sich in NRW die VGe dies beachten werden. Rein faktisch steht zu befürchten, daß die VGe in NRW ungeachtet der objektiven Rechtslage eine Aufbewahrung in einem allgemein für die betreffende Waffen erforderlichen Behältnis fordern werden. Allerdings müßte auch dann eine Unzuverlässigkeit verneint werden müssen, aus denselben Gründen, wie in besagter Entscheidung erfolgt.
    Die andere Frage ist, ob diese Entscheidung der Weisheit letzter Schluß ist. Für NRW ist die Sache zwar gelaufen – nach der Lebenserfahrung werden sich bis zu einer Gesetzesänderung oder einer gegenteiligen Entscheidung des BVerwG alle VGe in NRW daran orientieren. Objektiv betrachtet ist die Bewertung des OVG aber nicht zwingend. Denn die entscheidenden Ausführungen in Rdnr.66

    „In diesem Fall ist der Schlüssel zu diesem Behältnis aber in einem Behältnis aufzubewahren, das seinerseits den gesetzlichen Sicherheitsstandards an die Aufbewahrung der in Rede stehenden erlaubnispflichtigen Waffen und Munition entspricht. Andernfalls liefen die gesetzlich vorgeschriebenen Standards für Behältnisse zur Aufbewahrung von Waffen und Munition ins Leere. Der gegenüber dem Zugriff auf den gesetzlichen Anforderungen entsprechend verwahrter Waffen und Munition erleichterte Zugriff auf Schlüssel zu deren Behältnissen führt dazu, dass das gesamte Sicherheitsniveau der Verwahrung auf dasjenige sinkt, auf dem die Schlüssel (als „schwächstes Glied der Kette“) verwahrt werden.“

    sind keineswegs zwingend. In Rdnr.59 heißt es:

    „Es versteht sich […] von selbst, dass der Waffenbesitzer […] die zugehörigen Schlüssel auch zu keinem Zeitpunkt für unbefugte Dritte zugänglich aufbewahren darf.
    Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. April 2020 ‑ 20 B 1296/19 -.“

    Und in Rdnr.61 schreibt das OVG:

    „Vielmehr müssen die Schlüssel zu derartigen Behältnissen ebenfalls gesichert aufbewahrt werden und eine solche Sicherung – sei es durch Mitsichführen, Verschluss oder andere Maßnahmen – muss hinreichend verlässlich sein, um den Zugriff Dritter möglichst auszuschließen.
    Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. März 2016 ‑ 20 A 1397/14 -, m. w. N.“

    Allerdings hat das OVG in dem zitierten Beschluß auch festgestellt, daß auch ein Verstecken des Schlüssels zulässig sein kann:

    VG Düsseldorf, Urteil vom 23.06.2020 – 22 K 3002/19 Rdnr.52:
    „Im Übrigen wird auf die Rechtsprechung des 20. Senates des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen verwiesen, wonach grundsätzlich auch eine Sicherung durch Mitsichführen oder Versteck in Betracht kommen kann.
    Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2016 – 20 A 1397/14 -, n.v.“

    Dies hat das OVG in seinem aktuellen Zitat jedoch bezeichnenderweise unterschlagen, es begnügt sich mit „mit anderen Maßnahmen“. Und von „gesichert“ ist in der zitierten Entscheidung ja auch nicht die Rede, jedenfalls nicht im Sinne von Tresor oder einer spezischen Sicherungseinrichtung gegen Wegnahme. Nun ja, Richter eben. „Gesichert“ im Sinne von „sicher vor Zugriff“ ist ein Schlüssel aber auch in einem gute Versteck.

    Objektiv ist also keineswegs zwingend, daß man die Schlüssel verschließen oder mit sich führen muß. Und objektiv kann das Verstecken der Schlüssel auch besser sein. Denn ein Tresor sagt dem Einbrecher natürlich, daß dort etwas Wertvolles verwahrt wird. In irgendeinem der 60 kleine Kartons in einem Regal mit Schrauben, Dübeln und ähnlichem Kram, einer Kruschelkiste oder einem der vielen tausend anderen Möglichkeiten, einen Schlüssel so zu verstecken, daß man selbst nach ein paar Monaten nicht mehr weiß, wo man suchen soll, vermutet aber niemand Schlüssel für Waffenschränke. Das OVG hat sich damit – offensichtlich bewußt – nicht auseinander gesetzt. Was die VGe in NRW natürlich faktisch nicht daran hindern wird, dies auch künftig zu mißachten. Aber für die VGe in anderen Bundesländern gilt dies nicht, auch wenn wir alle natürlich wissen, wie feindselig unsere Richter allgemein privatem Waffenbesitz gegenüber eingestellt sind.

  3. An der formalen Logik, daß ein Schlüssel für Schutzklasse X nicht in etwas aufbewahrt werden soll das weniger als Schutzklasse X hat finde ich nichts grundsätzlich kritikwürdiges.

    An einigen Schlußfolgerungen der Behörden dagegen schon.
    1. Es war bisher in keiner Weise deliktrelevant, den Schlüssel 24/7 am Mann zu tragen. Der zum Gerichtsbeschluss führende Fall war ein Einbruchdiebstahl bei 14tägiger Abwesenheit des Waffenbesitzers, da ist die Aufbewahrung des Schlüssels im Haus (in wie auch immer leichter als Schutzklasse X zugänglicher Form) mMn tatsächlich keine besonders gute Idee, auch dann nicht wenns keine Vorschrift gibt die das verbietet.

    2. Die meisten Zahlenschlösser für Tresore haben Kombinationen mit genau 6 Ziffern, d.h. nur 1 Million Möglichkeiten. Wenn man damit anfängt, „zu leichte“ Kombinationen zu suchen und aufzulisten ist nach vergleichsweise kurzer Suche der halbe Adressraum dieser sechsstelligen Ziffernfolge vorbei. Geburtsdatum? Des Besitzers? Der Frau? Der Kinder, Enkel, aller ehemaligen Lebensabschnittsgefährtinnen, des besten Freundes? Analog für Postleitzahlen, Telefonnummern, Ziffern auf Kfz Kennzeichen, … und schon bleiben am Ende nur noch ein paar rechtlich unbedenkliche Möglichkeiten übrig. Die Idee, Listen von „besonders einfach zu erratenden“ Passworten, hier Ziffernfolgen fester Länge, anzugeben zeigt, daß die Leute auf deren Mist gewachsen ist entweder keine Ahnung von IT-Sicherheit haben oder eher mit dem Bauch nachgedacht haben um zu diesen Vorgaben zu kommen.
    Mit Ausnahme von 6 gleichen Ziffern (das läßt sich tatsächlich schneller tippen) sollte niemand ohne Not die Anzahl verfügbarer Zahlenkombinationen reduzieren.

    Davon unabhängig sollten wir uns dafür einsetzen, daß die Aufbewahrungsvorschriften wieder zu einem vernünftigen Rahmen zurückfinden, etwa EN 14450 S1 / S2. Wer sich in den Nachbarländern umsieht stellt fest, dort herrscht ohne die deutschen Aufbewahrungsvorschriften keineswegs Mord und Totschlag mit legal besessenen Waffen, im Gegenteil.

  4. Unsere bewaffneten Behörden „verlieren“ ständig Waffen und Munition. Auf Grund fehlender Grenzsicherung werden ständig Waffen und Munition aus Krisengebieten illegal eingeführt.
    Aber der Schlüssel der Legalwaffenbesitzer ist das Problem. Genau mein Humor!
    https://www.welt.de/politik/deutschland/article205524633/Dienstwaffen-Mehr-als-100-Waffen-bei-Polizei-und-Bundeswehr-verschwunden.html
    https://www.deutschlandfunk.de/illegale-waffen-100.html

  5. Moin,
    es steht nirgendwo, dass ein Zahlenschloß verpflichtend ist. Es gibt genau EIN Urteil zu diesem Vorgang. Interessant ist in diesem Zusammenhang sowohl das Verhalten der Verbände als auch das der Lobby-Verbände.

    In HH sieht es dagegen anders aus:
    „Die Waffenbehörde Hbg. hält an ihrer bisherigen Verwaltungspraxis zur sicheren Verwahrung von Waffenschrankschlüsseln bis zur abschließenden Bewertung der Entscheidung des OVG NRW, AZ 20 A 2384/20, durch die Waffenrechtsreferenten der Länder fest. Nach der Hamburger Verwaltungspraxis steht den Waffenbesitzern frei, individuelle Lösungen zur sicheren Verwahrung von Schlüsseln für Waffen- oder Munitionsbehältnisse zu schaffen. Eine solche Lösung kann auch in einer Verwahrung an einem sicheren Ort „Versteck“, oder dem Mitführen in einer sog. „Gewahrsamsenklave“ (Hosen- oder Jackentasche) bestehen. In diesem Falle ist jedoch zur Nachtruhe eine anderweitig sichere Verwahrung zu gewährleisten. Die Verwahrung von Schlüsseln am „Schlüsselbrett“ oder in ohne größeren Aufwand zu ersehenden und zu durchsuchenden Behältnissen innerhalb des gleichen Haushaltes, wie Vasen, Krügen, Schatullen oder Schubladen stellt sich als sorgfaltswidrig dar.“

  6. Und wieder einmal Geschwafel von Leuten, die sich nicht mit der Realität auskennen.
    Bei Zahlenschloss-Tresoren gibt es das Problem, dass diese üblicherweise mit Batterien betrieben werden. Die auch einmal ausfallen können. Deshalb das Schlüssel-Notschloss. (Oder eine externe Stromversorgung; die aber eine sehr sehr seltene Ausnahme ist.)
    Oder gleich die Tresore mit mechanischem Zahlenschloss…

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