Toleranz, Damokles, Salamitaktik

Toleranz, das klingt doch zunächst ganz gut:

Man nimmt den anderen wie er ist, man akzeptiert seine Stärken und Schwächen und man lässt ihn seine Interessen ausleben.

In der Theorie klingt das gut, in der Praxis allerdings, da ist die Umsetzung schon etwas komplizierter.

Da gibt es die Lochstanzer, die ihre Waffe krampfhaft als Sportgerät bezeichnen, weil man ja Leistungssport (je nachdem sogar Hochleistungssport) betreibt. In jedem Sportschützen schlummert quasi der nächste Olympiasieger, daher ist das Sportschießen unverzichtbar für Deutschlands Renommée in der Welt.

Eine andere Fraktion hantiert mit der Waffe am liebsten im dunklen Tann, wo unter dem Deckmäntelchen der Hege und Pflege mystische Rituale elitärer sozialer, wirtschaftlicher und politischer Kreise abgehalten werden.

Einen besonders pittoresken Eindruck hinterlassen die Brauchtumsschützen mit ihren krachledernen Hosen und begamsbarteten Hüten, die das Ideal der bürgerlichen Heimatverteidigung hochhalten und hinter der Fassade wahrscheinlich nur das einarmige Reißen in der Maßkrugklasse betreiben.

Sehr gemischt sind sicherlich die Gefühle, betrachtet man die buntgescheckte Landschaft der Reenactors, wo die Waffe irgendwie Bestandteil des Kostüms oder der Gewandung ist und bei tosenden Schlachten ganze Wiesen im Schwarzpulverdampf versinken oder Wälder vom Klick-klick und Ritsch-ratsch der modernen Dekowaffen widerhallen. Uniformen und Waffen… au weia.

Ganz aus ist der Ofen bei den Airsoftern und Paintballern, die ihr Hobby auch gerne als Sport bezeichnen und von Markierern reden, wenn sie die lebensechten Waffennachbildungen oder Farbkanonen meinen und Cowboy und Indianer im Wald spielen. Argwöhnisch beäugt von allen und dem latenten Verdacht der Wehrsportgruppen unterworfen, versucht man den Spagat zwischen Spielspaß und gesetzlichen Vorschriften zu meistern.

Deutschland, deine Waffenbesitzer!

Wäre Toleranz ein klein wenig mehr geübte Realität und nicht nur Lippenbekenntnis, könnten wir alle viel besser an einem Strang ziehen.

Es ist doch egal, ob einer vom olympischen Gedanken beseelt ist oder lieber zum Spaß auf wasserbefüllte Coladosen schießt.

Laßt doch dem Jäger seine Freude an Natur und Jagd und freut euch darüber, dass die Gebirgsschützen die Tradition der bürgerlichen Wehrhaftigkeit am Leben erhalten.

Die Reenactors stehen wahrscheinlich deutlich mehr im Hier und Jetzt als man ihnen zutrauen mag, wenn sie in alten Wolluniformen vor ihren Leinenzelten sitzen und mit Vorderladern oder Browning MGs hantieren und lasst um Himmels Willen den Airsoftern ihren Spaß am Räuber und Gendarm-Spiel mit ihren Druckluftkniften.

Uns alle eint, bei durchaus unterschiedlicher Freizeitgestaltung, zumindest der Waffenbesitz.

Sei es die Sportpistole, die Jagdbüchse, die Race Gun, der Vorderlader, die Ordonnanzwaffe, das Dekogewehr, die Airsoft- oder die Paintgun. Über ihnen allen hängt ständig das Damoklesschwert eines noch weiter verschärften Waffengesetzes und der nächste Vorstoß eines Politpopulisten kann es auf sie hinabstürzen lassen.

Wir alle wissen, wie der Waffenerwerb und – besitz in den letzten Jahrzehnten in altbewährter Salamitaktik immer weiter erschwert und beschnitten worden ist.

„Ja, aber…“, höre ich jetzt den einen oder anderen dagegenhalten.

Mein Sportgerät, oder meine Jagdwaffe, oder mein Vorderlader, oder oder oder betrifft das dann doch nicht!

Das Floriansprinzip ist weder solidarisch noch sinnvoll. Solidarität und Zusammenhalt untereinander sind aber das Gebot der Stunde.

Wer meint, dass für ihn der Waffenbesitz auch zukünftig ein gesichertes Recht ist, sollte sich seiner Sache nicht zu sicher sein. Schneller als man denkt, ist die nächste Salamischeibe abgesäbelt und die könnte man dann selbst gewesen sein.

Zuerst ging es um die Airsofter.

Mir war das egal, ich spiele kein Airsoft.

Dann ging es um die zugeschweißten MGs.

Mir war auch das egal, ich sammle keinen Edelschrott.

Danach ging es um die Brauchtumsschützen.

Auch das hat mich nicht gestört, ich wollte nie einen Kar98.

Dann standen sie vor meiner Tür, um meine Waffen einzusammeln.

Da habe dann auch ich dumm aus der Wäsche geguckt.

5 Replies to “Toleranz, Damokles, Salamitaktik”

  1. Vielen Dank Bumper Morgan für diesen Apell

    für mehr miteinander statt gegeneinander. Ich habe es schon öfters in einzelnen Gesprächen
    unter Schützen genau so gehört: „Das betrifft ja nur die xxx, damit habe ich nichts zu tun…“
    Darauf antworte ich immer: „Wenn Du keine Solidarität mit den xxx zeigst, warum erwartest Du
    dann Hilfe von dieser Seite, wenn es dann mal um Dein Hobby geht?“
    Auch wenn man nicht jede Facette des Schießsport selbst betreibt – oder versteht – sollte man doch
    immer respektvoll damit umgehen. Insbesondere nicht als Schütze gegen Schützen argumentieren.

    Ich selbst bin ein Mittelalter- Begeisterter und dabei öfters mit einem ganzen Satz potentiell tödlicher
    Waffen in der Öffentlichkeit unterwegs – natürlich ohne dabei irgendeine Gefahr für die öffentliche
    Sicherheit zu sein. Gottlob ist die Mittelalter-Welt (noch) nicht im Fokus der Waffengegner.
    Sonst würden die Schwertscheiden auf den nächsten Veranstaltungen genauso leer bleiben,
    wie die Holster der Western Fans. Und die Schaukämpfer würden mit Latex-Waffen ausgetragen.

  2. Moin miteinander,

    gurndsätzlich bin ich ein Mensch, der dem absoluten Individualismus zugeneigt ist; das heisst aber nicht, n u r die eigene Form der Waffenbenutzung gut zu heissen: Ganz im Gegenteil, j e d e r nach seinem Geschmack und seiner Ausrichtung:
    Würden die Jäger die Sportschützen und Sammler mehr annehmen und umgekehrt, vieles wäre im Zusammenleben auch auf den Schießständen einfacher. Ich bin Jäger und das aus voller Überzeugung, aber Schiessen gelernt habe ich bei einem Sportschützen – und bei einem Sammler und Reenactor habe ich meine Vorliebe für bestimmte Waffensysteme entdeckt.
    Und wenn alle an einem Strang ziehen, dann sind wir plötzlich – mit unseren Wählerstimmen! – mehr als nur ein Tröpfchen auf dem heissen Stein, insbesondere, wenn wir Familie und Freunde eeinflussen.
    Und da auch die Gegenseite mit Beeinflussung arbeitet, ist es mehr als nur in Ordnung, wenn wir dies tun.
    Und immer daran denken: Je restriktiver ein Staat den privaten Waffenbesitz behandelt, um so näher steht er – bewusst oder unbewusst, meist aber bewusst! – der Diktatur!

    Mit respektvollem Gruß und
    Waidmannsheil
    LaBete1

  3. Wunderbarer Artikel. Genau hier liegt ein Problem, dieser Post sollte in allen Möglichen Foren verbreitet werden.
    Es muss endlich von allen verstanden werden, das wir im gleichen Boot sitzen. Ob man jetzt links, rechts, vorn oder hinten im Boot sitzt ist bedeutungslos, wenn es absäuft.

  4. Super Text, sehr realitätsnah!

    Nur bei GRA sind die Chancen gut, dass das Floriansprinzip endlich durch das Maximalprinzip ersetzt wird. Was für einen AR-15 Besitzer gut ist, dass soll auch dem Lochstanzer billig sein. So simpel ist es!

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