Attentat in Hamburg – helfen Gesetze zur Prävention?

Autor: Katja Triebel
Am Donnerstag Abend, dem 9. März 2023, ermordete ein ehemaliger Zeuge Jehovas sieben Menschen dieser Glaubensgemeinschaft. Er verletzte weitere, davon vier lebensbedrohlich und tötete sich beim Eintreffen der Polizei. Zwei Tage später werden Forderungen laut, das Waffengesetz zu verschärfen, da der Attentäter sich auf legalem Weg die Tatwaffe besorgen konnte und ihm trotz anonymen Hinweis und Kontrolle der Waffenbesitz nicht verboten wurde.

  1. Können Waffenverbote und Waffenkontrollen Gewalt verhindern?
  2. Können Waffenverbote Amokläufe verhindern?
  3. Können Waffenkontrollen Gewalttaten verhindern?
  4. Hätten Faesers Pläne Hamburg verhindern können?
  5. Welchen Einfluss haben Medien und Öffentlichkeit?
  6. Waffengesetzreform per instrumentalisiertem Einzelfall
  7. Was sagen die Polizeigewerkschaften?
  8. Fazit
  9. Nachtrag

1. Können Waffenverbote und Waffenkontrollen Gewalt verhindern?

Seit 2009 beschäftigt mich diese Frage. Wissenschaftler aus dem In- und Ausland belegen, dass Waffenverbote keinen positiven Effekt auf die Gewaltkriminalität haben. Gesetzestreue Bürger werden durch den Besitz von Waffen nicht zur Gewalt verführt. Rechtsbrecher kümmern sich nicht um Verbote; sie besorgen sich ihr Tatmittel illegal oder ersetzen es, z.B. durch Messer, Brenn- oder Explosivstoffen.

In wenigen Fällen – wie in Norwegen und vermutlich auch in Hamburg – nehmen die Attentäter den langen Weg auf sich, das Tatmittel legal zu erwerben. Der Norweger wurde Landwirt, sammelte sieben Jahre lang Explosivstoffe aus Düngemittel und benutzte einen Jagdschein zum Waffenerwerb. Der Hamburger wurde vor 1,5 Jahren aus seiner Gemeinde verbannt. Da der Weg zur eigenen Waffe für Sportschützen ca. 12-15 Monate dauert, muss er zum Zeitpunkt des Streits mit der Ausbildung begonnen haben, um im Dezember 2022 seine erste Waffe erwerben zu können.

2. Können Waffenverbote Amokläufe verhindern?

Der Zugang zu Waffen ist nur eine von vielen Komponenten, jedoch nicht der Auslöser, da das Tatmittel – wie auch bei Beziehungstaten – zweitrangig ist. Die hohe Präferenz von Schusswaffen hat nichts mit deren Letalität zu tun. Massentötungen mit Brand- und Explosivstoffen wären wesentlich „effektiver“, was die Opferzahl angeht, insbesondere, wenn die Tat in geschlossenen Räumen, wie Klassenräumen, Flugzeugen oder Kinos ausgeübt wird.

Der Einsatz von Schusswaffen ermöglicht eine vorab geplante Inszenierung inklusive Opferauswahl und garantiert hohe Medienpräsenz. Bei Explosionen und Bränden würden zwar mehr Menschen sterben, aber der Medienrummel wäre kleiner. Präventionsforscher empfehlen Presseberichtsverbote, um die Ikonosierung des Täters zu verhindern.

3. Können Waffenkontrollen Gewalttaten verhindern?

Es deutet vieles darauf hin, dass Waffenbesitz nicht zu Gewalt führt, jedoch Gewalttäter sich zu Waffen hingezogen fühlen.

Die polizeiliche Kriminalstatistik zeigt, dass 40% der Gewalttäter bereits eine kriminelle Historie aufweisen und ein großer Anteil der Gewaltverbrechen unter Alkoholeinfluss begangen wird. Kontrollen, die den Zugang zu Waffen von Gewalttätern und Alkoholabhängigen verhindern, können daher sehr sinnvoll sein.

In Deutschland werden Schusswaffen in 0,2% aller Straftaten eingesetzt. Bei Gewaltdelikten liegt ihr Anteil bei ca. 3%. Davon stammen über 95% aus unkontrolliertem Besitz (frei verkäufliche Waffen, auch Spielzeugwaffen, wie auch illegale). Der Anteil der bei Gewaltverbrechen eingesetzten Schusswaffen, deren Besitz vom Staat kontrolliert wird, liegt im Promillebereich.

Laut einer Studie von Prof. Heubrock und anderen europäischen Studien werden legal besessene Schusswaffen fast ausschließlich in Beziehungstaten – auch Amokläufe zählen hierzu – missbraucht. Hier stehen Täter und Opfer fest, nur das Tatmittel ist beliebig. Wäre keine legale Schusswaffe vorhanden, würde das Tatmittel ersetzt werden.

Zum Weiterlesen: https://katjatriebel.com/2012/09/01/konnen-waffenverbote-und-waffenkontrollen-gewalt-verhindern/

4. Hätten Faesers Pläne Hamburg verhindern können?

SPD, Grüne, die Gewerkschaft der Polizei GdP und das Redaktions-Netzwerk Deutschland RND (beide SPD-nah) fordern erneut Waffengesetzverschärfungen und behaupten, diese hätten das Attentat verhindern können. Die Forderungen sind nicht neu, wie man an den 10 Jahre alten Memes erkennen kann. Neu ist nur, dass aktuell GdP und SPD die Forderungen der Grünen sogar übertrumpfen und das RND beim Verbreiten „hilft“. Die Forderungen im Einzelnen:

Verbot eines Waffentyps: Faeser, GdP und Grüne möchten halbautomatische Langwaffen verbieten, die wie Kriegswaffen aussehen. Der Attentäter in Hamburg benutzte eine Kurzwaffe, die nicht in diese Kategorie passt.

Die rot-grüne Koalition hatte unter dem damaligen Innenminister Otto Schily genau solch ein Verbot im Jahr 2002 aufgehoben, weil es mehr Arbeit machte als die Sicherheit zu erhöhen. 2012 gab es eine längere Waffenrechtsdebatte, angestoßen von den Grünen, Halbautomaten zu verbieten. Damals wurde dies von allen Parteien außer den Grünen und Linken abgelehnt. Das Halbautomatenverbot für Jäger wurde 2017 gefordert und abgelehnt. Das Bundeskriminalamt (BKA) bestimmt seit Jahren, ob eine halbautomatisch Langwaffe für das sportliche Schießen zugelassen wird oder nicht. Einzelfälle mit diesen Waffentypen gibt es weder in Deutschland, noch in Europa, weswegen eine solche Forderung 2016/17 auch in Brüssel scheiterte.

Zentrallagerung: Die GdP (von heute) und die Grünen fordern Zentralaufbewahrung von Schusswaffen. Die GdP vor 11 Jahren, die DPolG und viele andere sehen das anders. Eine Übersicht der Pro-und Kontra-Argumente findet man hier: https://wiki.piratenpartei.de/Zentrallagerung

Abfrage beim Gesundheitsamt: Gesundheitsämter sind keine Zentralen für Patientenakten. Die Auskunft, ob jemand psychisch geeignet für den Waffenbesitz erhält man nicht vom Gesundheitsamt. Diese Forderung vom Vorgänger Seehofer (CDU) wurde 2020 debattiert und nicht weiter verfolgt, da die Argumente der „Waffenlobby“ stichhaltig waren: viele Kosten, wenig Nutzen. Zudem sind Gesundheitsämter kaum digitalisiert, bereits jetzt überlastet und besitzen Daten, die dem Datenschutz unterliegen: https://www.datenschutz-bayern.de/tbs/tb26/k7.html

Weniger private Waffen: SPD, Grüne und GdP fordern den Entzug von Eigentum, wie auch höhere Auflagen für Neuerwerb in der irrigen Annahme, dadurch Gewalttaten zu verhindern. Die GdP vor 11 Jahre und viele andere sehen das anders:

Meme vom 10. März 2013

Ärztliches Attest: Seit Erfurt müssen unter 25-Jährige eine MPU vorweisen, wenn sie großkalibrige Kurzwaffen erwerben wollen. Faeser, GdP u.a. fordern dieses Attest für jede erstmalige waffenrechtliche Erlaubnis, auch für Schreckschusswaffen und Armbrüste. Aktuell gibt es zu wenig psychologisch geschultes Personal, um die Traumata der Lockdowns zu behandeln. Es ist daher zweifelhaft, ob überhaupt Personal vorhanden ist, um 50.000 (alle Ersterwerbungen) oder 400.000 (auch für den Besitz von Schreckschusswaffen und Armbrüsten) zu untersuchen. Man sollte sich auch in anderen Ländern, wie z.B. Österreich – erkundigen, ob diese Atteste dort die Sicherheit erhöht haben.

5. Welchen Einfluss haben Medien und Öffentlichkeit?

40% der Amokläufe finden innerhalb von zehn Tagen nach aufwändiger Medienberichterstattung statt (Nachahmungstat bzw. „Werther-Effekt“). Die Täter wollen Helden sein, sie wollen in die Medien, als Herrscher über Tod oder Leben wirken, etwas darstellen und Aufmerksamkeit bekommen.

Aktuell kann man die Medien (außer BILD) dafür loben, dass wir bisher nicht den vollständigen Namen, keine Fotos und auch keine Nachbildung mit Grundriss und Zeitplan – wie in Winnenden – gesehen haben. Je stärker die Öffentlichkeit die Attentäter als Loser beurteilt, desto weniger Nachahmer werden sich finden.

Leider haben sich in den letzten Jahren Chatgruppen gebildet, bei denen sich die Teilnehmer als Incels (involuntary celibates, ungewollt zolibatär) wahrnehmen und dort ihren Hass auf Frauen, Heterosexuelle u.a. fördern. Auch die Äußerungen der Attentäter in Norwegen, Christchurch, Hanau und Hamburg folgen dieser (wahnhafte) Ideologie.

6. Waffengesetzreform per instrumentalisiertem Einzelfall

Laut Tagesschau war dies die schlimmsten Amoktat seit München (illegale Waffe) und dem Berliner Breitscheidplatz (LKW). Die ersten Reaktionen der Bürger (Leserkommentare) prangerten noch den Hass des Attentäters und die unmenschlichen Praxis der Zeugen Jehovas an, die den Kontakt mit Ex-Mitgliedern verbieten.

Während bei fast jeder Messerattacke davor gewarnt wird, einen Einzelfall nicht zu instrumentalisieren, werden Einzelfälle mit legalen Schusswaffen seit Jahrzehnten hierzulande und auch weltweit instrumentalisiert.

So entstand das erste bundesweite Waffengesetz vor 51 Jahren nach dem Polizistenmord in Oberhausen auf Druck der Presse. Es war so schlecht gemacht, dass es vier Jahre später reformiert wurde. Die nächste Waffengesetzreform gab es 2003 nach dem Schulamoklauf in Erfurt, gefolgt vom Schulamoklauf in Winnenden 2009. 2016 wurde die Attentate im Pariser Nachtclub Bataclan und auf den Zeitschriftenverlag Charlie Hebdo zum Anlass genommen, neue Feuerwaffen-Richtlinien zu erstellen, die dann 2019/2020 bei uns schlecht umgesetzt wurden. Die zeitgleich durch die EU geförderte Studie, die drei Monate vor Abstimmung fertig war, wurde nicht publiziert, da sie alle neuen Verschärfungen als negativ für die öffentliche Sicherheit bescheinigte.

7. Was sagen die Polizeigewerkschaften?

Forderungen der GdP

Nach der Amoktat eines Sportschützen mit vielen Toten und Verletzten unter Mitgliedern der Zeugen Jehovas hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, die Bundesregierung zur unverzüglichen Verschärfung des Waffenrechts und einer deutlichen Reduzierung von Waffen aufgefordert. Die schnelle Gesetzesänderung aufgrund der sich „gefühlt mehrenden Vorfälle“ sei wichtiger als die von der FDP geforderte vorherige systematische Überprüfung der Anpassung, sagte Kopelke am Samstag dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Redaktionsnetzwerk vom 11. März 2023

DPolG Bundesvorsitzender Rainer Wendt: „Der Amoklauf verdeutlicht, hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben, aber es hat sich gezeigt, dass die Kräfte professionell und entschlossen zur Stelle sind, wenn es darum geht, Menschen zu schützen…. In dem Zusammenhang fordern wir als Deutsche Polizeigewerkschaft, einen kompletten Tag im Monat ausschließlich dem Training zur Bewältigung lebensbedrohlicher Lagen für Einsatzkräfte der Polizei vorzusehen. Bislang passiert dies nicht öfter als einmal im Jahr.

DPolG Homepage vom 10. März 2023

8. Fazit

Nichts ist falscher als diese Forderung von der GdP, die via RND-Interview in den Medien veröffentlicht wird. Gesetze sollten nie schnell nach dramatischen Einzelfällen beschlossen werden. Das Waffengesetz ist mittlerweile so unübersichtlich, dass selbst Juristen verzweifeln, wie auch Sachbearbeiter und Bürger. Selbst glühende Waffenkontroll-Befürworter, die wissenschaftlich als Kriminologen wie Peter Squires arbeiten, sehen schnelle Reaktionen bei Gesetzgebungen als falsch an:

„Wir sollten die Regierungspolitik in Bezug auf Waffenkriminalität nicht auf der Grundlage der fieberhaften Nachwirkungen bedrückender Ereignisse bewerten. Die meisten Probleme im Zusammenhang mit dem illegalen Gebrauch von Schusswaffen erfordern eher soziale und wirtschaftliche als strafrechtliche Lösungen.“

https://www.crimeandjustice.org.uk/sites/crimeandjustice.org.uk/files/Gun%20crime.pdf

Der Attentäter hat sich umgebracht als er auf Widerstand (Eintreffen der Polizei) stieß. Er hätte sicherlich auch aufgegeben, wenn einer der Anwesenden Widerstand hätte leisten dürfen. Dies zumindest zeigen die Active-Shooter-Incidents-Auswertungen des FBI. Fast alle Amoklagen sind nach drei Minuten beendet, häufig wegen Widerstand. Das von der DPolG geforderte vermehrte Training in besonderen Einsatzlagen, ist eine Forderung, die ich trotzdem unterstütze.

Aus dem gesamten Referentenentwurf von Faeser sehe ich leider nur eine Gemeinsamkeit: die Prüfung für den erstmaligen Erwerb einer scharfen Waffe sollte umfangreicher sein als die für die achte Waffe. Beim Wegfall des Bedürfnisses in der jetzigen Form – analog zu Österreich – könnte die Kontrollarbeit der Waffenbehörden auf die wirklich wichtigen Bereiche fokussiert werden. Daher ist die Evaluation so wichtig – im Hinblick auf Kosten und Nutzen für die Sicherheit.

Auch wäre der Einsatz von Cybercops bei Verdachtsfällen ein geeignetes Mittel zur Prävention. Viele der Attentäter hatten im Web ihre wahnhaften Weltanschauungen öffentlich preisgegeben. So auch der Attentäter von Hamburg auf seiner eigenen Webseite und dem bei Amazon veröffentlichten Buch. Zudem gibt es geschützte, aber bei Experten bekannte Chatgruppen, in denen zum Hass und Gewalt aufgefordert wird. Auch diese sollten von Cybercops – im internationalen Austausch – kontrolliert werden.

Und – abseits von Amoklagen – hin zu alltäglichen Rachezügen mit fatalem Ende. Die Bevölkerung wird immer älter und leider auch immer dementer. Einige alte Menschen sind mental nicht mehr voll geschäftsfähig. In solchen Fällen wäre eine vorzeitige „Vererbung“ von Waffen ein Beitrag zu mehr Sicherheit.

Nachtrag

Heute hat jemand Marcs Video von 2018 gepostet, das ich mir eben nochmal angeschaut habe. Ich stimme ihm hier in vielen Dingen zu.

Warum begeht ein junger Mensch ein solches Verbrechen? Erklärungsversuche und Präventionsvorschläge… Wenn man sich intensiv mit der Waffenrechtsdebatte beschäftigt, dann kommt irgendwann in der Diskussion immer das Thema Amokläufe auf. Nicht nur in den USA ist dies ein Problem, sondern auch bei uns in Deutschland und Europa. Es gibt nun einige neue wissenschaftliche Betrachtung des Themas, insbesondere von Frau Prof. Dr. Britta Bannenberg. Diese möchte ich euch im Video näher bringen und auch mit einigen in meinen Augen zu einfach gefassten und falschen Annahmen aufräumen.

Link zu Youtube: https://youtu.be/AWVDCVj9P54

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Die Essenz von Amok – Let’s Shoot #145

3 Replies to “Attentat in Hamburg – helfen Gesetze zur Prävention?”

  1. Bei welchem Thema sind Mitarbeiter von Waffenbehörden Experten? Bei Waffen.
    Sie sind keine Experten in der Analyse von Menschen. Und das zeigt sich leider bei der praktischen Umsetzung des Waffenrechts. Da verheddert man sich andauernd in Lauflängen, Magazingrößen, ob die Waffe ein Repetierer ist oder halbautomatisch bzw. vollautomatisch funktioniert. Man verheddert sich auch darin, wie schwer der Tresor ist, was da für ein Schloss dran ist und wo und in welchem Zimmer er steht. Wo man offenkundig nicht so genau hinschaut, ist, obwohl das viel wichtiger ist, WER da eigentlich eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenschein beantragt.

    Die Politik betreibt da dann den selben Blödsinn, was man dann im unsäglich deutschen Waffenrecht beobachten kann: Da wird ebenso darüber fabuliert, zu welchem Zweck welcher Waffentypus erworben werden kann, anstatt einfach erst mal genau hinzuschauen, WER da überhaupt eine Waffe beantragt und wie der Antragsteller so tickt.
    Ein zivilisierter und disziplinierter Mensch stellt mit Waffen keinen Unsinn an. Und zwar vollkommen davon, um was für eine Waffe es sich handelt. Ein Irrer oder ein Krimineller handelt dann mit entsprechendem Gerät natürlich ganz anders. Aber auch da ist der Waffentyp erst einmal völlig irrelevant. Ein Irrer stellt mit einem legal ohne Erlaubnis gekauften Küchmesser, einer selbstgebauten illegalen Rohrbombe, einer legal erworbenen halbautomatischen Büchse wie auch mit einem illegal erworbenen vollautomatischen Sturmgewehr natürlich irgendwann immer Mist an. Es kommt also nicht auf die Waffe, sondern auf den Waffenbesitzer an.
    Und zwar unabhängig davon ob er eine Waffe legal oder illegal besitzt.

    Also muss man doch endlich mal zusehen, dass man von den ins Absurde ausufernden Waffentermini im Waffenrecht und in der öffentlichen Diskussion wegkommt und sich der charakterlichen Eignung des Waffenbesitzers zuwendet.
    Im Moment obliegt diese Entscheidung, ob ein potentieller Waffenbesitzer charakterlich dazu geeignet ist eine Waffe zu besitzen, den Waffenbehörden und dem Schützenverein.
    Nur wird an beiden Punkten gar nicht genau hingeschaut. Die Waffenbehörde sieht den potentiellen Waffenbesitzer Aug in Auge gerade mal 10 Minuten, wenn dieser seinen Schein abholt, und auf dem Schießstand wird eben geschossen und wenig geredet, wie das eben so ist.
    Da bleibt keine Zeit, eine Person wirklich kennenzulernen. Schon gar nicht für Menschen, die in der Analyse ihres Gegenübers keine Expertise vorweisen können, weil es nicht zu ihrem Fachbereich gehört.

    Jeder Personaler oder Vorgesetzte in einem Unternehmen oder einer Behörde, weiß bei einer Bewerbung eines Bewerbers auf einen Job auf Anhieb mehr über diesen Bewerber, als Waffenbehörde und Schützenverein zusammen über einen Anwärter auf eine WBK.
    Das ist Fakt. Und genau an dieser Stelle geht es dann schief. Da kann man das Waffenrecht bzgl. Waffentypen verschärfen bis man umfällt, es wird nichts helfen, denn der Fokus ist einfach falsch. Der Fokus gehört nicht auf die Waffe(n), sondern auf den Anwärter auf den Waffenbesitz.

    Und wer jetzt unter den hiesigen Waffenbesitzern sofort wieder rebelliert, möge sich folgendes vor Augen halten:
    Das Waffenrecht in Texas(!) ist deutlich liberaler als bei uns, um Waffentypen schert sich da niemand bei den Behörden, da gehen sogar vollautomatische Kriegswaffen(!) mit entsprechender Lizenz, man sieht aber eine eingehende Überprüfung des Anwärters auf Vorstrafen UND AUCH auf die mentale Eignung vor. In Tschechien oder Polen ist das auch so. Auch in Polen muss man eine MPU machen, bevor man sich eine Waffe kaufen kann.
    Bei uns ist das in dieser Form nicht der Fall. Da beschränkt sich die Überprüfung des Anwärters darauf, ob er schon mal in irgendeiner Kriminalitätsstatistik aufgetaucht ist. Wobei wiederum die Dunkelziffer massiv durchschlägt, denn in der Statistik tauchen ja nur die auf, die bereits erwischt worden sind. Auf ein mentales Problem wird bei uns gar nicht geschaut. Nur darauf, ob der Anwärter seine zweitägige Waffensachkunde und sein Schießbuch mit dem Schießen genau welcher Waffentypen ein Jahr lang gefüllt hat. Da merkt man deutlich, dass die Schützenvereine und Verbände ihre ganz eigenen sportlichen Regeln ins Waffenrecht gedampft haben. Obwohl die da gar nichts zu suchen haben. Schießsportliche Regeln gehören da vielleicht in die Satzung der jeweiligen Verbände und Vereine, aber garantiert nicht ins Waffengesetz.

    Und was Faesers angedachtes Verbot von Halbautomaten, also die berühmte Fehleinschätzung „sieht aus wie ein Sturmgewehr, ist ein Sturmgewehr“ betrifft, so hätte dies im Falle von Hamburg gar nicht gegriffen, denn der Täter hat eine ganz normale Selbstladepistole und eben keine halbautomatische Büchse benutzt.

    Und noch was zu den Grünen hinterher, die den privaten Waffenbesitz ja bis auf die Jäger unterbinden wollen:
    In der Praxis bedeutet das, dass nur noch Jäger, Polizisten und Soldaten an Waffen kommen.
    Tja, im Dritten Reich war das exakt genauso. Hat das damals irgendwas an Gewalt verhindert? Nein, es hat den ausufernden Staatsterrorismus der Nazis erst ermöglicht, dem Millionen von Menschen zum Opfer gefallen sind.
    In die selbe Kategorie fällt die Forderung der Grünen nach einer zentralen Aufbewahrung von Waffen. Da muss ich dann nur noch an einem Ort einbrechen und hab gleich ein ganzes Waffenlager zu meinen Händen. Ein Tresor mit vielen Waffen muss ich eben nur einmal knacken und habe sie dann alle sofort zur Verfügung. Viele Tresore mit wenigen Waffen zu knacken, die über das ganze Land verteilt sind, ist viel mehr Aufwand und deshalb für die Gesellschaft viel sicherer.

    Ich bin immer wieder schwer darüber irritiert, wie wenig Sachverstand in Deutschland in die Gesetzgebung einfließt. Da sind dann keine Sicherheitsexperten am Werk, sondern irgendwelche Lobbygruppen von links bis recht, die zwar von Sicherheit keine Ahnung haben, aber unbedingt ihre ganz persönliche Weltsicht in die Gesetze gegossen sehen möchten.
    Wer Sicherheit beim Umgang mit Waffen in Deutschland haben möchte, der muss Fachleute fragen, die von Sicherheit eine Ahnung haben. Die Fachkenntnis über Waffen, oder auch über das Klima oder was auch immer, hilft da nicht.
    Nicht Waffen sind ein Sicherheitsrisiko, sondern Menschen und ihre potentiell gefährlichen Verhaltensweisen. Eine Schusswaffe, die irgendwo auf einem Tisch liegt, ist kein Sicherheitsrisiko für irgendwen oder irgendwas. Eine Waffe schießt nicht von alleine.
    Sie wird erst dann zu einem potentiellen Risiko, wenn sie von einem Menschen in die Hand genommen wird. Und da kommt es dann drauf an, WER auf diese Waffe gerade Zugriff hat und sie in die Hand nimmt.

  2. Vielen Dank! Alles richtig und auch verständlich formuliert!
    Leider wird wie immer, wenn Einzelne oder Minderheiten Dinge bzw. Änderungen fordern, dies direkt auf die Mehrheit bezogen.
    Beispiele gibt es zu genüge, sei es beim Thema Gendern, Tempolimit oder anderes.

    In meinen Augen läuft die Akzeptanz auch in die falsche Richtung und auch schärfere Gesetze hätten, wie im Artikel geschrieben, die Tat nicht verhindern können.

    Solange Waffen in Filmen oder Spielen ab 12 Jahren so gezeigt werden, wie in beispielsweise James Bond, Fornite etc., finde ich solche Schreie nach Verschärfungen lachhaft oder sogar peinlich!

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