Kaugummi geklaut: 1500 Euro Strafe
Ein Rentner klaut Kaugummis im Wert von 1,49 € und erhält eine Strafe von 1500 €, da er bei dem Diebstahl ein Taschenmesser in der Hosentasche hatte.
Allein das Mitführen eines Messers macht bei einem Diebstahl einen gravierenden Unterschied: Es wird vom Gesetzgeber als gleichbedeutend mit der Möglichkeit gesehen, dieses als gefährliche Waffe einzusetzen. Daher lautete der Vorwurf gegen den Senior auf „Diebstahl mit Waffen“, mit einer Mindeststrafe von sechs Monaten Haft. (Mittelbayrische.de vom 15. Juni 2015)
Einkaufen mit der Nagelschere
Eine 60-Jährige steht vor dem Richter, weil sie einen Diebstahl mit Waffen begangen haben soll. Doch die Nagelschere, die sie ins Kaufhaus mitgebracht hatte, diente einem gänzlich anderen Zweck. (Stern vom 12. März 2009)
Diebstahl mit Waffen
In der Praxis gibt es immer wieder folgenden oder zumindest ähnlich gelagerten Sachverhalt: der Täter befindet sich im Supermarkt steckt heimlich geringwertige Artikel, beispielsweise Zigaretten, Rasierklingen, Hygieneartikel oder Ähnliches ein und wird dabei Kaufhausdetektiv beobachtet und ins Büro abgeführt. Die herbeigerufene Polizei durchsucht den Beschuldigten und findet in seinem Rucksack oder in einer Hosentasche ein zusammengeklapptes Taschenmesser. (Untersuchungshaft Köln-Blog vom 11. Februar 2011)
Unser Rechtssystem pervertiert immer mehr
Ursprünglich wurde bewaffneter Diebstahl mit schwerem Diebstahl wie Einbruch, Einsteigen, Aufbrechen von Werttresoren und gewerblichem Diebstahl gleichgesetzt. Auch wurde unterschieden, ob die Waffe mitgenommen wurde, um sich gegen die rechtmäßigen Besitzer zu verteidigen bzw. Gewalt gegenüber diesen von vornherein eingeplant wurde – oder die Waffe nur zum Aufbrechen/Einbrechen benutzt werden sollte bzw. unabsichtlich mitgeführt wurde.
Diese Rechtsauffassung existierte seit über 500 Jahren, ist zweckmäßig und wird daher von jedem Bürger auch verstanden. Messer, Äxte, Baseballschläger und Schusswaffen sind für die allermeisten Menschen Werkzeuge und nichts anderes. In seltenen Fällen helfen sie bei einem ungerechtfertigten Angriff.
Vom heutigen „bewaffneten“ Ladendiebstahl im Supermarkt haben weder Karl V., noch Rechtsgelehrte des 18. oder 19. Jahrhunderts geträumt:
- minderwertige Güter werden offen zugänglich präsentiert (kein Einstieg notwendig)
- auch höherwertige Güter werden ohne Sicherung der Wegnahme ausgestellt (kein Aufbrechen notwendig)
- Waffen, wie Taschenmesser sind für weniger als 10 Euro erhältlich (keine hohen Anschaffungen oder Vorsatz zur „Bewaffnung“ notwendig)
Wenn ich obige Zeitungsmeldungen lese und mir das folgende Urteil des BGH durchlese, dann frage ich mich, ob unsere Richter und Gesetzgeber noch in der heutigen Welt leben.
Eventuell gibt es auch zwei Gründe, warum aus dem „bewaffneten Diebstahl“ ein „Diebstahl mit Waffen“ geworden ist:
- Elfenbeinturm = Judikative und Exekutive leben ohne jegliche Praxiserfahrung eines Otto-Normalverbrauchers
- Fehlende Risikokompetenz = seltene Ereignisse werden dramatisiert, deren Prävention wird vorangetrieben – ohne Rücksicht auf Kosten und Folgen
Ein Taschenmesser ist grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB; dies gilt unabhängig davon, ob der Dieb es allgemein für den Einsatz gegen Menschen vorgesehen hat.
BGH, Beschluss vom 3. 6. 2008 – 3 StR 246/07; OLG Celle (lexetius.com/2008,1517Messer […] erfüllen nach ständiger Rechtsprechung, von der abzuweichen kein Anlass besteht, regelmäßig die Voraussetzungen eines anderen gefährlichen Werkzeugs […]. Die von ihnen ausgehende hohe abstrakte Gefahr, die Grund für die Strafschärfung durch den Qualifikationstatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB ist, ist evident und kommt derjenigen von Waffen im technischen Sinne zumindest nahe.
Ein solches Messer kann wie jedes andere jederzeit gegen Personen gebraucht werden und im Falle seines Einsatzes dem Opfer erhebliche, unter Umständen sogar tödliche Verletzungen zufügen. Die latente Gefahr, die von einem derartigen, von dem Dieb bei der Tat bei sich geführten Taschenmesser ausgeht, ist deshalb nicht in einem Umfang geringer als diejenige von sonstigen Messern mit einer vergleichbar langen feststehenden Klinge, dass nach dem Zweck der Norm eine unterschiedliche Bewertung gerechtfertigt wäre.
„Latente und hohe abstrakte Gefahr“?
Taschenmesser, egal ob Einhandmesser oder traditionelle Klappmesser oder verbotene Springmesser, sind in fast jedem Haushalt zu finden und viele Menschen haben sie „einfach in der Hosentasche“ dabei. Sie sind keine außergewöhnliche Gegenstände, die nur bestimmte Berufsgruppen oder Eliten besitzen.
Taschenmesser werden 10.000 mal pro Tag für nützliche Dinge benutzt, wie Pakete öffnen, Äpfel schälen etc. Vor 50 Jahren hatte fast jeder Jugendliche ein Messer dabei, um Holz zu schnitzen und sich im Wald im Zielen zu üben – ohne kriminelle Hintergedanken.
Einige wenige Gewalttäter missbrauchen Messer für Verbrechen, so wie sie auch Autos als Waffe einsetzen oder mit ihren Fäusten und Füßen Gewalt ausüben. In gewissen Kreisen mit hohem Ehrgefühl oder kriminellem Hintergrund werden Messer schnell eingesetzt, um Konflikte zu „lösen“, des öfteren auch mit Verletzungen und tödlichem Ergebnis.
- Von Taschenmessern, wie auch Schusswaffen, geht keine latente Gefahr aus. Sie verführen nicht zur Gewalt, da sie kein Eigenleben haben.
- Es gibt einige wenige Menschen, von denen eine latente Gefahr ausgeht. Diese können in unserem Rechtssystem nicht präventiv eingesperrt werden. Deren dauernde Überwachung ist kostenmäßig nicht möglich. Nicht alle latent gefährlichen Menschen werden entdeckt. Nicht alle latent gefährlichen Menschen werden kriminell. Wir müssen mit dem Risiko leben, dass einer austickt. leben lernen.
- Wenige gefährlichen Menschen neigen zu Gewalt, beachten keine Annäherungsverbote und Waffenverbote und missbrauchen Werkzeuge. Dabei präferieren sie Messer und Schusswaffen.
- Die Folgerung, Messer und Schusswaffen seien gefährlich, ist ein Trugschluss und zeigt einen Mangel an Risikokompetenz.
Der Rechtsgelehrte J.C.D. Salchow (1782-1829) hatte das damalige Strafgesetzbuch analysiert, und veröffentlichte1806 die „Systematische Entwickelung des Verbrechens der Entwendung„, worin er auch bewaffneten Diebstahl untersuchte.
Hier meine Zusammenfassung seines Textes in einfachen Worten:
Schwerer Diebstahl lag vor, wenn dieser durch Einbruch oder Einsteigen oder mit Waffen begangen wurde, wobei die Bewaffnung vorsätzlich mit der Begründung erfolgen musste, sich oder sein Diebesgut bei einer Entdeckung zu verteidigen.
Ich habe mir die Mühe gemacht, Salchows Text in (fast) heutiges Deutsch zu transkribieren. Interessant sind auch seine Ausführungen, die den damaligen Gelehrtenstreit zur Interpretation des Artikel 159 darstellen.
Ein Rechtsgelehrte unterschied zwischen gewaltsamen (Waffen zum Einbrechen/Aufbrechen mitnehmen) und gefährlichen (Waffen zum Verteidigen mitnehmen) Diebstahl. Der andere unterschied zwischen gefährlichem (Waffen zum Widerstand mitnehmen), gewaltsamen (Waffen zum Aufbrechen mitnehmen) und verwegenen (hohe Gefahr des Entdecktwerdens) Diebstahl. Der dritte empfand einen Einbruchsdiebstahl so lange als nicht als gefährlich, so lange der Dieb nur die Entwendung im Sinn hat und bei Eigengefahr lieber flüchtet. Anders sähe es aus, wenn der Einbrecher Interesse an Vergewaltigung und Verletzung der rechtmäßigen Eigentümer gehabt hätte.
Transkript Bewaffneter Diebstahl von J.C.D. Salchow
Der bewaffneter Diebstahl (furtum armatum) verlangt zu seinem Vorhandensein folgende Requisite. 1) Der Dieb muß bei der Begehung des Diebstahls mit Waffen versehen sein. Unter dem Ausdruck Waffen sind hier alle solche Werkzeuge zu verstehen, durch welche für denjenigen, der sich dem Dieb allenfalls widersetzen würde, eine Gefahr körperlicher Verletzung begründet werden kann. Sobald die Waffen diese Verletzung nur hervorzubringen im Stande sind, so ist alsdann die Art und Beschaffenheit derselben im übrigen ganz gleichgültig und hat keinen Einfluss auf die Existenz oder Nichtexistenz eines bewaffneten Diebstahls. […]
Der Tatbestand eines bewaffneten Diebstahls verlangt aber auch 2) dass der Akt der rechtswidrigen Besitzergreifung selber mit Waffen geschehen sei. Dies ergibt sich aus den Worten des Art. 159, der P.G.O. „so der Dieb mit Waffen zum Stehlen eingeht.“ Dass der Verbrecher sich vorher schon müsse bewaffnet haben, er sich an den Ort begibt, wo die zu stehlende Sache sich befindet, ist aber nicht nötig, vielmehr würde man die angeführten Worte in einem zu eingeschränkten Sinne nehmen. Denn so lange wie die Entwendung wirklich noch nicht vollbracht ist, so lange kann mann auch immer noch sagen, dass der Dieb zum Stehlen eingehe, weil so lange noch stets die Absicht, einen Diebstahls erst zu begehen, bei dem Verbrecher vorhanden ist. Daher kann die Bewaffnung auch an dem Orte, wo die entwendete Sache liegt, geschehen, ja sie kann, selber in dem Momente noch stattfinden, da der Dieb grade im Begriff der Besitzergreigung der Sache sich befindet. Ist hingegen dieser Akt der Besiztergreifung schon vorbei, mithin der Diebstahl schon vollendet, und der Verbrecher bewaffnet sich jetzt hinterher, um dadurch vielleicht seine Flucht zu sichern, oder sich gegen einen Entdecker seines Verbrechens zu verteidigen; so ist gesetzlich kein bewaffneter Diebstahl vorhanden, obgleich an und für sich jetzt eben so gut Gefahr für das Leben und die Gesundheit eines Dritten existiert, als wenn der Dieb sich vor Begehung des Diebstahls bewaffnet hat.
Zum bewaffneten Diebstahl wird aber auch 3) erfordert, dass der Dieb die Absicht hatte, durch seine Waffen zu verletzen, im Fall er Widerstand finden würde. Dies ergibt sich aus den Worten des angeführten Art. „damit er jemandt der jm widerstandt thun wollt, verletzen möcht.“
Dieser Wille des Gesetzgebers ist auch ganz zweckmäßig. Denn wo die Absicht, durch die Waffen zu verletzen, nicht existiert, da mangelt auch der Grund der gesetzlichen Auszeichnung des bewaffneten Diebstahls, denn es ist jetzt keine Gefahr einer körperlichen Verletzung eines Dritten, der den Dieb entdeckt, vorhanden.
Also Absicht zu verletzten, ist erforderlich, wenn der Begriff eines bewaffneten Diebstahls stattfinden soll; wann der Verbrecher aber diese Absicht gefasst habe, ob vorher, ehe er sich an den Ort des Diebstahls begab, ob auf dem Wege zu demselben, oder ob in dem Hause des Besitzers der Sache, oder endlich selbst im Augenblick, wie die Entwendung vollendet werden sollte; dies ist alles ganz gleichgültig in Rücksicht des Begriffs von diesem Diebstahl: genug wenn die Absicht nur gefasst war, ehe das Verbrechen selber vollbracht ward.
Wird übrigens gefunden, dass der Dieb wirklich während der Begehung des Diebstahls mit Waffen versehen gewesen ist; so muss jene absichtliche Bewaffnung so lange vermutet werden, bis sich aus den Umständen das Gegenteil ergibt.
Der Beweis einer solchen Absicht zu verletzen kann teils aus dem eigenen Bekenntnis des Diebes erhellen, teils durch andre Gründe wahrscheinlich gemacht werden. Wenn der Dieb z.B. die absichtliche Bewaffnung leugnet, allein einesteils doch keinen anderen Grund der Bewaffnung anzugeben weiß, und überdies noch wohl gar absolut lethale Waffen führte, andernteils aber auch nicht für gewöhnlich, vermöge feines Standes solche Waffen zu tragen pflegte, wie z.B. der Soldat seinen Degen; so muss für absichtliche Bewaffnung präsumiert werden.
Übrigens ist zum Begriff des bewaffneten Diebstahls nicht erforderlich, dass der Dieb eines wirklichen Gebrauch von seinen Waffen gemacht, mithin wirklich jemanden verletzt habe. Bloße Absicht der Verletzung ist zum Vorhandensein des Begriffs von einem bewaffneten Diebstahl hinreichend. Ist übrigens wirkliche Verletzung durch Waffen von Seiten des Diebes vorgefallen; so ist es ganz gleichgültig, ob dieselben nach vollbrachtem Diebstahl erst geschah, oder der Vollendung des Diebstahls vorausging; genug wenn der Dieb nur den Entschluss, von seinen Waffen Gebrauch zu machen, vor der Besitzergreifung der gestohlenen Sache gefasst hatte.
Wenn Salchow Bezug auf den Artikel 159 P.G.O. nimmt, meint er die Peinliche Gerichtsordnung Karls V., die seit 1532 galt, und wie folgt schweren Diebstahl beschreibt:
Art. 159 Von ersten geuerlichen diebstalen durch einsteigen oder brechen, ist noch schwerer
Item so aber eyn dieb inn vorgemeltem Stelen, jemandts bei tag oder nacht, inn sein behausung oder behaltung bricht oder steigt, oder mit waffen, damit er jemandt der jm widerstandt thun wolt, verletzen möcht, zum Stelen eingeht, solchs sei der erst oder mer diebstall, auch der diebstall groß oder kleyn, darob oder darnach berüchtigt oder betretten, so ist doch der diebstall darzu, als obsteht, gebrochen oder gestiegen wirdt, eyn geflißner geuerlicher diebstall. So ist in dem diebstall, der mit waffen geschieht, eyner Vergewaltigung vnd Verletzung zu besorgen. Darumb inn disem fall, der mann mit dem sträng, vnnd das weib mit dem wasser oder sunst nach gelegenheyt der personen, vnnd ermessung des richters inn ander weg, mit außstechung der äugen, oder abhawung eyner handt, oder einer andern dergleichen schweren leibstraff gestrafft werden soll.
Strafgesetzbuch (StGB)
(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
- eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
- gewerbsmäßig stiehlt,
- aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
- eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
- stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
- eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.
§244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl (aktuell)
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, we
- einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
- eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
- sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
- als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
- einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
(4) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 ist § 73d anzuwenden.
Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871
§243 Besonders schwerer Fall des Diebstahls (1871)
(1) Auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn
- aus einem zum Gottesdienste bestimmten Gebäude Gegenstände gestohlen werden, welche dem Gottesdienste gewidmet sind;
- aus einem Gebäude oder umschlossenen Raume mittels Einbruchs, Einsteigens oder Erbrechens von Behältnissen gestohlen wird;
- der Diebstahl dadurch bewirkt wird, daß zur Eröffnung eines Gebäudes oder der Zugänge eines umschlossenen Raumes, oder zur Eröffnung der im Inneren befindlichen Thüren oder Behältnisse falsche Schlüssel oder andere zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmte Werkzeuge angewendet werden;
- auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einem öffentlichen Platze, einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn, oder in einem Postgebäude oder dem dazu gehörigen Hofraume, oder auf einem Eisenbahnhofe eine zum Reisegepäck oder zu anderen Gegenständen der Beförderung gehörende Sache mittels Abschneidens oder Ablösens der Befestigungs- oder Verwahrungsmittel, oder durch Anwendung falscher Schlüssel oder anderer zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmter Werkzeuge gestohlen wird;
- der Dieb oder einer der Theilnehmer am Diebstahle bei Begehung der That Waffen bei sich führt;
- zu dem Diebstahle Mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben, oder
- der Diebstahl zur Nachtzeit in einem bewohnten Gebäude, in welches sich der Thäter in diebischer Absicht eingeschlichen, oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen hatte, begangen wird, auch wenn zur Zeit des Diebstahls Bewohner in dem Gebäude nicht anwesend sind. Einem bewohnten Gebäude werden der zu einem bewohnten Gebäude gehörige umschlossene Raum und die in einem solchen befindlichen Gebäude jeder Art, sowie Schiffe, welche bewohnt werden, gleich geachtet.
(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein.
§244 Diebstahl mit Waffen; Bandendiebstahl; Wohnungseinbruchdiebstahl (1871)
(1) Wer im Inlande als Dieb, Räuber oder gleich einem Räuber oder als Hehler bestraft worden ist, darauf abermals eine dieser Handlungen begangen hat, und wegen derselben bestraft worden ist, wird, wenn er einen einfachen Diebstahl (§ 242) begeht, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, wenn er einen schweren Diebstahl (§ 243) begeht, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft.
(2) Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt beim einfachen Diebstahl Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten, beim schweren Diebstahl Gefängnißstrafe nicht unter einem Jahre ein.
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Ich halte die ganze Geschichte für nicht soo schlimm.
Zum Einen denke ich, dass die aufgezeigten Beispiele Extrema (deshalb geniessen sie wohl die Aufmerksamkeit der Presse) sind und zum Anderen ist das vorgesehene Strafmass (Freiheitsstrafe!) ja gar nicht verhaengt worden – es ging mit Geldstrafe oder sogar Freispruch aus.
Ich muss in dieser Situation an einen alten Spruch denken: Vor Gericht und auf hoher See bist Du in Gottes Hand – und das hat mit Gerechtigkeit nicht immer etwas zu tun. Selbstverstaendlich wird auch noch heute differenziert zwischen der „tuetteligen Oma mit Nagelschere“ und dem organisierten Einbrecher (Wiederholungstaeter).
Der Richter hat nun mal, wenn er unabhaengig sein soll, immer einen gewissen Spielraum, den er per Interpretation ausnutzen darf. Deshalb gibt es „scharfe Hunde“ und eher „soziale Typen“.
Da regt mich die geringe Aufklaerungsquote schon eher auf.
Ein durchaus guter Artikel und dennoch führt der Artikel viel zu sehr in die Analyse von etwas was längst total aus den Fugen geraten ist – die Deutsche Justiz. Da braucht man oftmals keine langen Worte um all das Übel zu beschreiben, all diese Entgleisungen „im Namen des Volkes“ was längst keiner mehr so wirklich versteht. Bestenfalls kann man daraus lernen und sollte sagen das die Deutschen nichts gelernt haben, nicht in der Lage sind wirklich salopp etwas Gutes zu tun.
Wie sieht es denn im Vergleich bei Tätern mit Migrationshintergrund und autochthonen Deutschen aus? Werden da die selben Maßstäbe angelegt? Ich denke, eher nicht.
Das ist der Knaller. Aber wenn besoffene Jugedliche gegen den Kopf von am Boden liegenden Passanten treten, wird monatelang darüber debattiert, ob nicht die Gesellschaft eine Teilschuld hätte.