Eine Rezension von Claudia Bommer.
Nicht erst seit den Übergriffen in Köln und anderen deutschen Städten fragt sich mancher Bürger ohne bisherige Berührungspunkte mit dem deutschen Waffengesetz, was er denn zur Verteidigung seines Leib und Lebens besitzen und führen darf. Wobei – dem gänzlich Unbedarften ist unter Umständen nicht einmal klar, dass ein Unterschied zwischen Besitz und Führen besteht. Denn das deutsche Waffengesetz ist so umfangreich und teilweise so schwammig, dass a.) man in der Regel eine entsprechende Schulung braucht, um es zu verstehen und b.) trotz entsprechender Schulung es dennoch zu Unstimmigkeiten mit Behörden und Behördenvertretern kommen kann.
Im Prinzip ist das Waffengesetz so angelegt, dass bei strenger Auslegung – wenn es Behörden und deren Vertretern so passt – alles zur Selbstverteidigung und zur Abwehr und Schutz Geeignete als gegen das Waffengesetz verstoßend ausgelegt werden kann.
Dies sollte im Vorfeld klar sein, wenn ich im Folgenden ein neu erschienenes Buch vorstelle, das dazu geeignet ist, interessierten Neulingen auf diesem Gebiet einen verständlichen Ratgeber an die Hand zu geben, der eine Übersicht über die freien Waffen bietet.
Der 100 Seiten lange Ratgeber hat ein sehr schönes Layout, das durch das farbliche Absetzen der einzelnen Teile einen schnellen Überblick und Vergleich ermöglicht. Der umfangreiche Hauptteil „freie Waffen“ wird durch die Abschnitte „Grundbegriffe“, „Gewaltvermeidung/Hilferuf/Flucht“, „Fesselungsmittel“, „Schutzwaffen/-ausrüstung“ und „scharfe Waffen im Sportschießen“ ergänzt.
In „Grundbegriffe“ wird erklärt, was freie Waffen überhaupt sind (Definition), wer sie erwerben und führen darf (und wann) und – ganz wichtig! – wann sie eingesetzt werden dürfen: Hier wird das Notwehrrecht erläutert. Der darauf folgende Abschnitt Gewaltvermeidung/Hilferuf/Flucht legt zunächst mal die Flucht im Falle eines Angriffs nahe, sofern sie möglich ist.
Der Hauptteil „freie Waffen“ gliedert sich in die Unterkategorien „Nahkampfwaffen“ (Schlagwaffen, Hieb- und Stichwaffen), „Fernwaffen“ (Wurf- und Schleuderwaffen, Bogenwaffen, Schusswaffen) und sonstige freie Waffen unterteilt. Die einzelnen Gegenstände sind kurz beschrieben, es folgt eine Zeichnung des betreffenden Gegenstandes und „Rechtliches“ in einem roten Kasten. Hier finden sich Hinweise, ob es sich um eine Waffe im Sinne des Waffengesetzes handelt, wann Erwerb und Besitz möglich sind, ob Führen erlaubt ist und Hinweise zu Transport und Aufbewahrung – jeweils mit den passenden Paragraphen- und Abschnittangaben des Waffengesetzes. Wenn es Weiteres zu beachten gibt, findet man dies in einem weißen Kasten, der mit „Beachte“ überschrieben ist.
Auch komplett verbotene Gegenstände wie Butterfly-Messer, Wurfstern oder Nunchaku sind der Vollständigkeit halber aufgenommen, es prangt aber neben der Zeichnung ein „Verboten“ – Stempel. Es ist meiner Meinung nach sinnvoll, diese Gegenstände auch aufgeführt zu haben, denn in so einigen Haushalten werden diese in den 80er-Jahren noch erwerb- und führbaren Waffen durchaus noch vorhanden sein. Aber mal von solch „Altlasten“ in manchen Haushalten abgesehen, stellt sich meist eher die Frage, ob ein Gegenstand geführt werden darf oder nicht, denn wer bei einem seriösen Händler einkauft, der läuft gar nicht erst Gefahr, einen verbotenen Gegenstand zu erwerben (weil die ein seriöser Händler naturgemäß nicht oder nur Erwerbsberechtigten verkauft).
Sehr aufschlussreich ist auch der Abschnitt über Schutzausrüstung: Schutzwesten, Schnittschutz-Handschuhe, Protektoren, ja sogar Lederhosen sind nach §17a des Versammlungsgesetzes verboten, denn sie heben nach Ansicht des Gesetzgebers die Gewaltbereitschaft des Trägers hervor. Denn sie sind als „Schutzwaffen geeignet (…), Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren“. Der „normale“ Lederhosenträger wird nun in der Regel bei Versammlungen nicht genötigt, seine Hose auszuziehen, aber bei Bedarf kann der eigene Schutz eben auch als „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ gedeutet werden.
Fazit: Das Buch bietet einen sehr schönen Überblick und einfachen Einstieg in das Thema freie Waffen und schließt durchaus eine Lücke. Der Sportschütze oder Sicherheits- und Selbstverteidigungscrack wird darin wahrscheinlich nicht viel Neues finden, wobei auch für ihn ein schneller Zugriff auf die entsprechenden Paragraphen sinnvoll sein kann. Aber diesen empfehle ich das Buch als Geschenk oder Weiterempfehlung an Familie, Freunde und Bekannte, die Neulinge auf diesem Gebiet sind. Denn gerade, dass vieles sehr vereinfacht dargestellt ist, ermöglich so den Zugang für Neulinge, auch wenn Kritiker hier vielleicht einwerfen möchten, dass die Sache doch eigentlich komplizierter sei und hier somit nicht korrekt dargestellt.
Deswegen möchte ich nun auch nicht auf kleinere Fehler oder Ungenauigkeiten eingehen, die mir aufgefallen sind. Das ein oder andere ließe sich in einer 2. Auflage leicht korrigieren.
Auf Nachfrage, ob der Autor diesen Ratgeber im Zuge der Vorfälle in Köln verfasst hat, gab dieser an, er habe durchaus schon vorher eine veränderte Sicherheitslage wahrgenommen und begonnen zu recherchieren, was man von Gesetz wegen eigentlich haben und führen dürfte. Die Weitergabe an den Grafiker erfolgte bereits im Dezember 2015, so dass das Buch schon fertig war, als sich die Übergriffe zum Jahreswechsel 2015/16 ereigneten. Dennoch war eine treibende Kraft hierzu auch die Sorge um Frau und Töchter, die vielleicht erklärt, warum alle bislang verfügbaren Memes zum Buch Frauen zeigen.
Der Autor hat übrigens ganz bewusst auf Fotos und somit auch die Bewerbung einzelner Produkte oder Marken verzichtet. Wer sich über Hersteller und Marken informieren möchte, sollte dies bei Händlern oder einschlägigen Blogs und Foren tun.
T.C.A. Greilich: „Ratgeber freie Waffen“. Ortenberg, 2016.
http://www.selbstschutz.guide/de, bestellen bei Amazon: Taschenbuch, oder als E-Book.
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