#Brüssel: Was geschah bei IMCO?

Von Katja Triebel

Wir konnten beim Binnenmarktausschuss IMCO des Europäischen Parlaments inoffiziell dem Prozess der Kompromisse verfolgen, da uns die einzelnen vier Versionen zugespielt wurden.Im Laufe der Verhandlungen mit den sieben Schatten-Berichterstattern wurden viele gute Vorschläge gekippt und zugunsten eines gemeinsamen Kompromisses verwässert, die dann auch von den Sozialisten und Grünen, die beide Restriktionen lieben, akzeptiert wurden.

Anstatt – wie bei im Mai beim Ausschuss LIBE – über jeweils zwei gegensätzliche Vorschläge abzustimmen, wurden viele „faule“ Kompromisse erstellt, die ohne statistische Grundlagen zustande kamen. So konnte z.B. über den Vorschlag Kategorie A 6b gar nicht mehr abgestimmt werden. Anhand der Votingliste, wurde dieser wichtige Vorschlag einfach gekippt, sofern die Kompromiss 2.A, 6 und 13 vorab eine Mehrheit erhielten, was dann auch eintraf.

Anhang I–Kategorie A (verbotene Waffen)

Änderungsantrag 755 von Richard Sulík, Jussi Halla-aho, Tomáš Zdechovský, Bernd Kölmel, Ulrike Trebesius, Joachim Starbatty, Anders Primdahl Vistisen, Jørn Dohrmann, Bernd Lucke, Angel Dzhambazki, Branislav Škripek, Petr Mach, Ivan Štefanec, Eduard Kukan, Anna Elżbieta Fotyga, Edward Czesak, Tomasz Piotr Poręba, Hans-Olaf Henkel, Jan Zahradil, Timothy Kirkhope

A 6b: Bestandteile, mit denen ohne anspruchsvolle Werkzeuge und Fertigkeiten eine halbautomatische Feuerwaffe zu einer automatischen Feuerwaffe umgebaut werden kann;

Änderungsantrag 757 von der Berichterstatterin Vicky Ford

A 6B Teile, wie automatische Abzugsstücke, Drop-in-Kits, Abzugsmechanismen und andere Teile, die für den Umbau halbautomatischer Waffen zu Waffen mit automatischem Betriebsmodus konzipiert sind;

Was uns auch noch mehr aufstößt: Der Kompromiss 12.B wurde erst in letzter Minute auf Wunsch der Sozialisten und Grünen eingeführt. Dieser stammt wortwörtlich vom Europäischen Rat. Hätte sich das Europäische Parlament an seine eigenen Regeln gehalten, dann hätte der Rat erst nach der Ersten Lesung im Parlament, sprich nach der Abstimmung von IMCO, Stellung nehmen dürfen. Stattdessen tat er es bereits vorab.

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Von den 847 Änderungsvorschlägen beschäftigten sich nur drei mit neuen Restriktionen für A7, alle anderen wollten A7 bzw. A6 bis A8 streichen

 

Vorschlag der Kommission : Anhang I–Kategorie A – Nummer 7

7. halbautomatische zivile Feuerwaffen, die wie vollautomatische Kriegswaffen aussehen;

Änderungsanträge 759-767: entfällt

Diese Abgeordneten wollten A7 streichen, darunter vier Schattenberichterstatter:
Robert Jarosław Iwaszkiewicz, Angel Dzhambazki, Emil Radev, Jiří Maštálka, Kateřina Konečná, Richard Sulík, Jussi Halla-aho, Tomáš Zdechovský, Bernd Kölmel, Ulrike Trebesius, Joachim Starbatty, Anders Primdahl Vistisen, Jørn Dohrmann, Bernd Lucke, Angel Dzhambazki, Branislav Škripek, Petr Mach, Ivan Štefanec, Eduard Kukan, Anna Elżbieta Fotyga, Edward Czesak, Tomasz Piotr Poręba, Hans-Olaf Henkel, Jan Zahradil, Timothy Kirkhope, Marian Harkin, Dita Charanzová, Karl-Heinz Florenz, Bendt Bendtsen, Annie Schreijer-Pierik, Angelika Niebler, DieterLebrecht Koch, Othmar Karas, Markus Ferber, Anna Maria Corazza Bildt, Eva Paunova, Roberta Metsola, Lara Comi, Elisabetta Gardini, Othmar Karas, Lambert van Nistelrooij, Jeroen Lenaers, Annie SchreijerPierik, Bendt Bendtsen, Antonio López-Istúriz White, Petri Sarvamaa, Louis Michel, Gérard Deprez, Frédérique Ries, Anna Hedh

Vorschlag der Kommission : Anhang I–Kategorie A – Nummer 6-8

In Kategorie A werden die folgenden Nummern eingefügt:

6. automatische Feuerwaffen, die zu halbautomatischen Feuerwaffen umgebaut wurden;
7. halbautomatische zivile Feuerwaffen, die wie vollautomatische Kriegswaffen aussehen;
8. Die unter Nummer 1 bis 7 eingereihten Feuerwaffen, bei denen eine Deaktivierung erfolgt ist.

Änderungsanträge 741-742: entfällt

Diese Abgeordneten wollten A7 streichen, darunter ein Schattenberichterstatter:
Nuno Melo, Mylène Troszczynski, Franz Obermayr, Harald Vilimsky, Lorenzo Fontana, Bruno Gollnisch, Philippe Loiseau, Gilles Lebreton, Marie-Christine Boutonnet

Von 7 Schattenberichterstattern wollten nur 2 erweiterte Restriktionen – diese wurden in entschärfter Version angenommen!

Pascal Durand – Schattenberichterstatter der Grünen:

Änderungsantrag 768 – Anhang I – Teil II – Kategorie A – Nummer 7

7. halbautomatische zivile Feuerwaffen mit einem oder mehreren der folgenden Merkmale:
(a) mit einer Schusskapazität von mehr als sechs Patronen ohne Nachladen ausgestattet oder ausstattbar;
(b) lang, aber kürzbar auf eine Länge unter 60 cm ohne Funktionseinbußen, insbesondere mithilfe eines Klapp- oder Teleskopgriffs oder eines ohne Verwendung von Werkzeugen abnehmbaren Griffs;
(c) besitzen einen Büchsenlauf für Projektile mit einem Durchmesser von über 12,7 mm;
(d) besitzen einen glatten Lauf mit einem Kaliber über 8; e) besitzen ein Magazin mit einer Kapazität von mehr als 10 Patronen;

Sergio Cofferati – Schattenberichterstatter der Sozialisten & andere Sozialisten, wie z.B. Evelyne Gebhart von der SPD

Änderungsantrag 769 – Anhang I – Teil II – Kategorie A – Nummer 7

7. halbautomatische zivile Feuerwaffen mit einem oder mehreren der folgenden Merkmale:
(a) ermöglichen es dem Nutzer, ohne Nachladen mehr als 11 Patronen zu verschießen, wenn ein Magazin mit einer Kapazität von mehr als 10 Patronen mit der Feuerwaffe verbunden ist;
(b) besitzen ein Magazin, das mehr als 10 Patronen fasst;
(c) lang, aber kürzbar auf eine Länge unter 60 cm ohne Funktionseinbußen, insbesondere mithilfe eines Klapp- oder Teleskopgriffs oder eines ohne Verwendung von Werkzeugen abnehmbaren Griffs;

Marlene Mizzi, Alfred Sant (beide Sozialisten aus Malta)

Änderungsantrag 770 – Anhang I – Teil II – Kategorie A – Nummer 7
7. halbautomatische zivile Feuerwaffen mit Magazinen, die mehr als 20 Patronen fassen können;

Unsere nationalen Partner bei FIREARMS UNITED hatten die Mitglieder des Ausschusses und unsere Unterstützer im Europäischen Parlament auf Englisch informiert. Zeit zum Übersetzen dieser wichtigen Gesetzesänderungsvorschläge in andere Sprachen gab es weder bei IMCO, noch bei uns.

Erst zwei Tage vor der Abstimmung wurden die Kompromisse und die Abstimmungsliste – wieder nur auf Englisch veröffentlicht. Anhand des Protokolls konnten wir sehen, dass für andere Gesetzesvorhaben, solche Listen auch schon 2 bis 3 Wochen vorher veröffentlicht werden, zum Teil auch in mehreren Sprachen.

Finale Kompromiss-Liste 1 bis 13 (nur auf Englisch) vom 12. Juli 2016: PDF

Umfangreichste Voting-Liste ever (nur auf Englisch) vom 12. Juli 2016: PDF

Die Abstimmung von IMCO ist m.E eine Farce

Weder konnten die normalen Ausschussmitglieder rechtzeitig die Kompromisse und Voting-Liste einsehen, noch hatten sie Zeit, diese mit ihren Parteikollegen abzustimmen. Auch fehlten Übersetzungen dieser wichtigen Gesetzestexte in andere Sprachen. Wir wissen, dass nicht alle MEPs Englisch können und wir wissen auch aus der Vergangenheit, dass die Übersetzer, die keine Ahnung vom Waffenrecht haben, schon heftigste Fehler gemacht haben.

Da wir bei FIREARMS UNITED bezüglich der Abstimmung bei LIBE schon mitbekommen haben, dass immer Zeit fehlt, hatten wir bereits am 7. Juli, d.h. vor Erscheinen der beiden offiziellen Texte – anhand der 3. Version der Kompromisse, unsere Empfehlungen abgeben und an die MEPs gemailt: Expert Opinion by FIREARMS UNITED for IMCO vote

FU-Imco
Das gesamte Europäischen Parlament wird erst am 22. November 2016 abstimmen und ab September die Debatte im Trialog aufnehmen. Bis dahin müssen wir etwas ändern am Gesetzestext.

 

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Dieser Artikel erschien zuerst im Blog von Katja Triebel

10 Replies to “#Brüssel: Was geschah bei IMCO?”

  1. Ist es nicht gut, wenn die Europäer sich nicht an die eigenen Regeln halten ?

    Sollte im Falle einer Verfassungsklage dann doch leichter möglich sein, den ganzen Quatsch wieder rückgängig machen zu lassen. Oder dürfen europäische Bürger gegen sinnlose Verordnungen und Richtlinien nicht klagen ?

    Briefe schreiben und Politiker bzw. MEPs zu informieren und aufzuklären nützt anscheinend nichts.

    1. In den Ausschüssen gibt es einen Hauptberichterstatter und dann für jede Fraktion einen Schattenberichterstatter.

      Vicky Ford ist von der Fraktion ECR (wo auch ALFA drin ist), die anderen 7 Schattenberichterstatter vertreten die anderen Fraktionen im Europäischen Parlament.

      CDU/CSU ist in EPP,
      SPD ist in S&D
      FDP in ALDE
      Grüne bei den GREENS
      Linke bei GUE/NGL
      und die AfD ist in zwei Gruppen: Beatrix von Storch bei EFD und Markus Pretzel bei ENF

      http://www.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?lang=&reference=2015/0269(COD)

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