Vertrauen Sie eigentlich dem Lehrer, der Ihre Kinder unterrichtet? Vertrauen Sie der Sachbearbeiterin die die Bafög-Anträge Ihrer Kinder bearbeitet? Vertrauen Sie den Polizisten, die in Ihrer Stadt nach dem Rechten sehen? Vertrauen Sie den Politikern, die Sie in den Parlamenten vertreten?
Die ersten Fragen kann ich für mich mit Ja oder zumindest mit Jein beantworten, insgesamt bekomme ich jedoch keine Bauchschmerzen. Die Antwort auf die Frage ob ich den Politikern vertraue, fällt allerdings in letzter Zeit im öfter mit Nein aus. Warum? Nun, weil die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes vermehrt mit zweierlei Maß gemessen werden. Dabei sind wird doch laut § 3 Abs. 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland alle gleich. Aber manche sind eben doch gleicher.
Wie uns bekannt ist, wurde am 1. Februar 2013 durch den Bundesrat und von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt von eine weitere Verschärfung des Waffenrechts auf den Weg gebracht. Nach dem Willen der Mehrheit der deutschen Bundesländer sollen die Waffenbehörden in Zukunft im Rahmen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung (§ 5 WaffG) auch Informationen beim Verfassungsschutz einholen. Offenbar sind Waffenbesitzer so gefährlich, dass sie ein Fall für den Staatsschutz sind.
Kurz darauf, nämlich am 8. Februar 2013, hat die SPD in Bayern folgenden Antrag gestellt:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, bei der Prüfung der
Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen
Dienst ebenso zu verfahren wie der Bund und 14 andere
Bundesländer. Als Konsequenz hieraus ist die seit dem
1. Januar 1992 in Bayern geltende Regelung aufzuheben.
Um es ein wenig zu beleuchten: Es geht um den sog. “Radikalenerlass” von 1972, der Mitgliedern von als verfassungsfeindlichen Organisationen den Zugang zum Staatsdienst verwehrte – so wie z.B. zwei mal Winfried Kretschmann von den Grünen. Dazu wurde bereits damals für Bewerber des öffentlichen Dienstes das gemacht, was nun auch bald für Besitzer von legalen Sport-, Jagd- und Sammelwaffen in der Praxis umgesetzt werden soll: Die Personen werden durch Anfragen an das Bundesamt für Verfassungsschutz (bzw. an die Landesämter) regelüberprüft.
Diese Praxis wurde für Bewerber für den öffentlichen Dienst am 22. Mai 1975 durch das Bundesverfassungsgericht gekippt und fortan wurden die Bewerber nur noch per Fragebogen zu Ihrer Verfassungstreue befragt. Das was für Waffenbesitzer in naher Zukunft eingeführt werden soll, wurde für Staatsbedienstete vor fast 40 Jahren bereits durch das BVerfG wieder rückgängig gemacht, weil es nicht verfassungskonform war *sic*!
Noch haarsträubender wird es bei der Begründung des Antrags der SPD:
„Der freiheitliche Rechtsstaat geht von der Verfassungstreue seiner Bürger aus“ (Ziff. I. der Grundsätze für die Prüfung der Verfassungstreue von Bewerbern für den öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen).
Dazu lässt sich nur mit nüchternem Zynismus feststellen: Offenbar gilt das nicht für Bürger, die aufgrund eines waffenrechtlichen Bedürfnisses legal eine Schusswaffe besitzen und von denen in der Regel keine Gefahr für die Gesellschaft ausgeht. Es geht aber noch weiter.
Auch das Land Bayern hat die Regelüberprüfung von Bewerbern für den öffentlichen Dienst durch den Verfassungsschutz (erst 1992) abgeschafft und ist zur Befragung durch Fragebögen übergegangen. Im hier behandelten Antrag der SPD geht es nun darum die Fragebögen abzuschaffen, wie es bereits in allen anderen Bundesländern (Ausnahme Thüringen) schon länger der Fall ist. Auch hier ist wieder die Begründung interessant, die ein MdL aus Bayern ob der vorliegenden Problematik gab (siehe Beitrag dazu auf keine-waffen.de):
Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes verbietet sich jeder Generalverdacht. Die zwingende Beantwortung von Fragebögen als Zugangsvoraussetzung für ein BEWERBUNGSGESPRÄCH für dem öffentlichen Dienst wird dem nicht gerecht.
Interessant. Bewerber für den Staatsdienst dürfen also nicht unter Generalverdacht gestellt werden, rechtstreue Bürger – denn nur rechtstreue Bürger erhalten eine Berechtigung Waffen zu besitzen – aber schon? Dies passt logisch nun wirklich nicht zusammen.
Dennoch hat die SPD im Bundesrat geschlossen für die Initiative gestimmt, Sportschützen, Jäger und Waffensammler künftig vom Verfassungsschutz durchleuchten zu lassen.
Während wir immer mehr und mehr unsere Bürgerrechte verlieren, gelten für potentielle Staatsbedienstete deutlich abweichende Regeln – außer sie sind ebenfalls Waffenbesitzer. Das alte Leid: Eine Krähe hackt der anderen keine Auge aus. Wie soll ich bei solchen Zuständen auch nur irgendeinem Politiker vertrauen können?
Wenn ich aus Bayern kommen würde, dann würde ich dem Abgeordneten der SPD in meinem Wahlkreis jetzt einen Brief oder eine E-Mail schreiben, um ihn auf die kognitive Dissonanz seiner Parteikumpanen hinzuweisen. Vielleicht würde ich ihn sogar anrufen.
Das war keine Bitte.