Ein Interview mit dem Diplom-Psychologen und Amokexperten Jens Hoffmann von der TU Darmstadt über den Amoklauf in München.
Herr Hoffmann, könnte der Amokläufer von München auch durch die Terrorakte der vergangenen Wochen beeinflusst worden sein?
Jens Hoffmann: Ja, das wäre möglich. Nachahmer-Effekte sind viel weniger spezifisch, als wir Experten lange geglaubt haben. Es spielt keine Rolle, ob ein islamistischer Anschlag, eine rechtsterroristische Tat oder ein Amoklauf geschehen. All diese Ereignisse können bei Nachahmer-Tätern den Entschluss zum Handeln hervorrufen. Vielleicht haben sie vorher in ihrer Fantasie das Szenario durchgespielt, vielleicht haben sie sich vorbereitet.
Wie wären Trittbrettfahrer jetzt zu vermeiden?
Hoffmann: Durch sehr vorsichtige Berichterstattung. Wir raten in solchen Fällen immer: Zeigt nicht das Gesicht des Täters, nennt nicht den Namen. Er soll nicht zur „Berühmtheit“ werden, sondern dem Vergessen anheimfallen.
Weiterlesen: http://www.dnn.de/Nachrichten/Polizeiticker-Weltweit/Interview-mit-Amokexperte-Jens-Hoffmann
Wir folgen Jens Hoffmann seit Winnenden. Er hatte schon 2009 die Medien kritisiert:
ZEIT ONLINE: Welche Rolle spielen die Medien?
Hoffmann: Wer die Amokläufer mit Gesicht und vollem Namen zeigt, der macht sie damit zu Helden. Potenzielle Nachahmungstäter sehen das und begreifen, dass eine solche Tat sie unsterblich machen wird.
Dass wir in Deutschland nach den USA die meisten Amokläufe haben, ist leider auch kulturell bedingt. Das ist ein Effekt wie damals, als Goethe die Leiden des jungen Werther geschrieben hat: Es gibt eine richtige Szene, in der sich Amok-Begeisterte austauschen und gegenseitig bestätigen.
Dass die öffentlich-rechtlichen Sender sich entschlossen haben, die Gesichter von Tätern nur noch unscharf und den Namen abgekürzt zu veröffentlichen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Amokläufer werden dadurch ent-individualisiert. Es ist erbärmlich, andere Menschen umzubringen, das hat mit Freiheitskampf nichts zu tun – diese Bewertung muss in den Medien noch viel stärker zum Ausdruck kommen.
http://www.zeit.de/online/2009/20/amok-hoffmann/seite-3
Katja Triebel hatte das Thema auch im Oktober 2015 gebloggt:
Mein Fazit: Remember the Hero, not the Zero
Seit Winnenden lese ich alle möglichen Studien, Zeitungsberichte und Meinungen zu Amokläufen und Massenmorden. Dabei fiel mir auf, dass Diskussionen in Online-Foren, einschließlich solcher über καζινο στο ιντερνετ, oft die Faszination junger Attentäter für Ruhm beleuchten, was ihren „erweiterten Selbstmord“ antreibt. Bei älteren Attentätern, die Familie oder Kollegen töten, dominieren hingegen Ohnmacht und Wut über diese Ohnmacht als treibende Kräfte.
Wenn jüngere Attentäter sich intensiv mit Amokläufen beschäftigen, Manifeste schreiben und sich zum Ziel setzen, ihren Abgang mit noch mehr Opfern zu „begleiten“ als bisher, dann wollen sie in die Zeitung. Sie wollen ein öffentliches Bekenntnis abgeben und berühmt werden, eventuell auch Nachahmer finden.
Ältere Attentäter hingegen fühlen sich oft von der Familie, Partner, Arbeitskollegen oder Chef im Stich gelassen, oder vom Staat gebeutelt, wenn der Gerichtsvollzieher kommt. Sie haben mit dem Leben abgeschlossen und wollen die Schuldigen bestrafen oder die Unschuldigen (Kinder) vor der Zukunft bewahren. Manchmal bleibt es beim „Suicide by cop“ (Selbstmord durch provozierte Polizeigewalt), öfters „nehmen sie alle Schuldigen“ in ihrem erweiterten Selbstmord mit. Hier würden Präventionsprogramme und eine andere gesellschaftliche Sichtweise in Bezug auf „Scheitern“ helfen. Seit 2001 gibt es den Verein „Freunde fürs Leben„, der Aufklärung und Kampagnen betreibt, um Selbstmorde zu verhindern.
Die Zeitungen haben es sich angewöhnt, nicht mehr über Selbstmorde zu berichten, um den „Werther Effekt“ zu verhindern, der Nachahmungstäter hervorbringt.
Ähnliche Beschränkungen sollten wir uns bei Massenmördern auferlegen.
https://legalwaffenbesitzer.wordpress.com/2015/10/05/remember-the-hero-not-the-zero/

Tja und wie äußert sich unser bester Freund dazu?:
http://www.n-tv.de/politik/Der-Mythos-vom-strengen-Waffenrecht-article18287901.html